Gesetz, betresfend die Verfassung des deutschen Neichs. Art. 20. 111
heiten der Grundsatz ausgesprochen, daß die Verlezung der im Reglement
vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten, insbesondere der Bestimmungen
über Anfertigung, öffentliche Auslage, Abschluß und Unterzeichnung der
Wählerlisten, ferner über die Zahl der Milglieder des Wahlvorstandes
(Stenogr. Ber. S. 77) und die Führung der Wahlprotokolle, eine Nichlig-
keit der betreffenden Wahl zur Folge habe. Mit Rücksicht auf die bei
den letzten Wahlen bezüglich der Führung der Gegenliste vorgekommenen
Unregelmäßigkeiten") hat der Bundesrath auf Wunsch des Reichstags ein
Schema für die Gegenliste vorgeschrieben, welches den bayrischen Behörden
durch Ministerialenlschließung vom 22. Mai 1871 Nr. 4969 bekannt
gegeben wurde.
Die Eintheilung der Wahlkreise wurde vom Bundesrathe vorge-
genommen, in Bayern jedoch für das erstemal gemäß Ziff. III 8 2 des
Vertrags durch die bayrische Regierung.“)
Hinsichtlich der Bildung der Abstimmungsbezirke, welche den von
den Landesregierungen bezeichneten und in Beilage D des Wahlreglements
bekannt gemachten Behörden zusteht, wurden im Reichstage mehrfache
Rügen und Beanstandungen beschlossen, indem in einzelnen Fällen zu
kleine Bezirke gebildet wurden, so daß es nicht möglich gewesen ist, für
den Wahlvorstand die geeignete Anzahl von Mitgliedern zu finden (Sten.
Ber. 1871 S. 13), während man in anderen Fällen von der Negel,
daß wo möglich jede Gemeinde für sich einen Wahlbezirk zu bilden habe,
abgewichen ist und eine größere Zahl von Gemeinden zusammengelegt hat
(Sten. Ber. S. 256
Weitere Rügen und Beanstandungen wurden im Reichstage be-
schlossen wegen ungerechtserligten Einflusses von Seile einzelner Behörden
und polizeilicher Vollzugsorgane dann wegen Mißbrauch des geistlichen
Einflusses; vergl. Stenogr. Ber. 1871 S. 41, 228 ff., 284, 567, 783.
Ferner wurde im Reichstage ausgesprochen, daß da, wo andere
Lokale zur Verfügung stehen, Gastwirthschaften nicht zu Wahllokalen be-
stimmt werden sollten (Sten. Ber. S. 13). Die Aufnahme von Militär-
personen in die Wählerliste und die Betheiligung derselben an der Wahl
hatte die Ungiltigkeit der sämmtlichen in dem betreffenden Wahlbezirke ab-
gegebenen Stimmen zur Folge (Sten. Ber. 1871 S. 12). Sodann
wurde im Reichstage anerkannt, daß die Wahlkreiskommissäre nicht be-
fugt seien, Stimmen, welche von dem Wahlbezirksvorstande als giltig er-
klärt wurden, für ungiltig zu erklären (Sten. Ber. 1871 S. 13 u. 20).
Eine Wahl endlich, in welcher ein Abgeordneter nur mit sehr ge-
ringer Majoritãt gewählt war, wurde vom Reichstage beanstandet, weil
Eine Zusammenstellung vorkekommene- Unregelmäßigkeiten sindet sich in
Nr. 138 der Drucksachen des Reichslags von 187
Siehe hiezu die Bekanntmachung des Bundesraths vom 27. Febr. 1871
(Reichsgeseybl. S. 35).