Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

202 Geseh über das Paßwesen. 
des Paßzwanges zu befreien. Damit soll aber die Berechtigung der Be- 
hörden und Beamten nicht ausgeschlossen sein, wenn sie aus anderen 
Gründen, als bloß deßhalb weil Jemand seinen Wohnort verlassen hat, 
Veranlassung finden, über die Person eines Unbekannten genügenden Aus- 
weis zu fordern.“ 
Aus den Reichstagsverhandlungen (Sten. Ber. S. 181 ff.) er- 
giebt sich sodann, daß man den Polizeibehörden keineswegs das unbedingte 
Recht, Jedermann beliebig und ohne besondere Veranlassung um seine 
Legitimation zu fragen, durch § 3 einräumen, sondern nur constatiren 
wollte, daß die einzelstgallichen Bestimmungen aufrecht bleiben, wonach 
jene Behörden befugt sind, einen Ausweis zu verlangen, wenn besondere 
Umstände die Legitimirung einer Person nothwendig machen, also na- 
mentlich dann, wenn eine Person über einer Gesetzesverletzung betroffen 
wird, oder wenn mit Rücksicht auf ihre Persönlichkeit und sonstige Ver- 
hältnisse der Verdacht vorliegt, daß sie ein Gesetz verletzt hat oder damit 
umgeht, ein solches zu verletzen. Hiemit stimmt auch die in der bayr. 
Ministerialentschließung vom 23. Dez. 1865 Ziff. XIII ertheilte Direktive 
überein. 
2. Wie dieser Ausweis zu erfolgen habe, ist im Gesetze nicht vor- 
geschrieben; er kann daher auch durch Zeugen, dann durch einen Vorweis 
der Ortspolizeibehörde, durch Briefschaften und andere unverfängliche Do- 
kumente geliefert werden. 
In Bezug auf die gegen renitente Personen zu ergreifenden Maß- 
regeln sind die einzelstaatlichen Bestimmungen maßgebend; ck. bayr. Ver- 
ordnung vom 9. Dezbr. 1867 8 17 
8 4. 
Pässe") oder sonstige Reisepapiere,. ) sowie andere Legimations- 
Urkunden,') welche von der zuständigen Behörde eines Bundes- 
staates ausgestellt sind, haben, wenn sie nicht eine ausdrückliche 
Beschränkung in dieser Beziehung enthalten,) Giltigkeit für das 
ganze Bundesgebiet. 
1. Vergleiche hiezu unten § 7 Note 1. 
2. Vergleiche hiezu oben § 1 Note 4. 
3. Hierunter sind namentlich die oben in § 1 Note 2 erwähnten 
Legitimations spapiere, die Dienstbotenbücher, Hausirscheine r2c. verstanden. 
4. Die Landesregierungen sind hienach befugt, die Giltigkeit der 
Pässe auf ein bestimmtes Gebiet beschränken zu lassen; desgleichen sind 
die Landesregierungen zuständig zu bestimmen, auf welche Zeitdauer und 
für welche Personenzahl Pässe ausgestellt werden dürfen; vergl. hiezu die 
bayr. Verordnung vom 9. Dezbr. 1865 § 11 und 12.
	        
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