16 Grundzüge des Verfassungsrechts des deutschen Reichs.
den Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten wird ein Ausschuß für die
auswärligen Angelegenheiten gebildet, in welchem Bayern den Vorsitz
führt (Art. 8 Abs. III der Verf.).
8) Bei Verhinderung Preußens hat der Vertreter der bayerischen
Regierung den Vorsitz im Bundesrathe zu führen (Ziff. IX des
Schlußprotk.).
C. Hinsichtlich des Gesandtschaftswesens.“)
9) An auswärtigen Höfen, an welchen neben den Reichsgesandt-
schaften auch bayerische Gesandten sind, werden die letzteren vom Kaiser
bevollmächtigt werden, in Verhinderungsfällen die Reichsgesandten zu
vertreien (Schlußprot. Ziff. VII); Bayern wird deßhalb und weil an
Orten, wo bayerische Gesandtschaften bestehen, den Reichsgesandten die
Vertrelung der bayerischen Angelegenheiten nicht obliegt, vom Reiche
entschädigt (Ziff. VIII des Schlußprot.).
D. Hinsichllich des Verkehrswesens.
10) Die in Art. 42—115 und 46 Abs. 1 der Verfassung den übrigen
Bundesstaaten auferlegten Verpflichtungen in Ansehung des Eisenbahnwesens
gelten für Bayern nicht; gemäß Art. 47 der Verf. sind jedoch auch
die bayerischen Eisenbahnverwaltungen verbunden, den Anforderungen
der Reichsbehörden in Betreff der Benutzung der Eisenbahnen zum
Zwecke der Vertheidigung Deutschlands unweigerlich Folge zu leisten
und das Militär, sowie alles Kriegsmaterial zu gleichen ermäßigten
Säßen zu befördern.
11) Bayern behält die freie und selbständige Verwaltung seines
Post= und Telegraphenwesens, sowie das Recht, den eigenen unmittel-
baren Verkehr mit seinen dem Reiche angehörenden Nachbarstaaten im
Vertragswege zu regeln (Art. 52 der Verf. und Ziff. III § 4 des
Hauptvertr.).
E. Hinsichtlich des Reichskriegswesens.
12) a) Das bayerische Heer bildet einen in sich geschlossenen
) Man war vielfach der irrigen Ansicht, daß sich Bayern das Ge-
sandtschaftsrecht besonders vorbehallen habe; dieß ist nicht der Fall, denn das
Gesandtschaftsrecht steht allen Bundesstaalen zu, und nur der Wirkungskreis
der Gesandlen der Einzelslaalen ist verfassungsmäßig beschränkt. — Auch an
andere süddeutsche Staaten, sowie an Sachsen, Hessen, Mecklenburg-Schwerin
und Braunschweig werden vom deutschen Bunde Zuschüsse zu deren Gesandtschaften
geleistet; vergl. hiezu die stenographischen Berichte des Reichslags 1871 S. 777 f.