Geset über die Freizllgigleit. 81. 227
keitsgesetze selbst enthaltenen Bestimmungen in specic der §8 3—5 statt-
finden dürfen; es lassen sich aber auch, wie bereits oben in der Vorbe-
merkung erwähnt, andere im Geseßze nicht speziell vorbehaltene Aufent-
haltsbeschränkungen denken, über deren Fortdauer kaum ein Zweifel be-
stehen kann, da sie einen ganz anderen Zweck, als die Schmälerung des
Freizügigleitsrechtes verfolgen und deßhalb auch nicht wohl in den Bereich
des Freizügigkeitsgesetzes fallen. Hieher gehören alle auf Grund der
Straf= und Disciplinarstraf-Gesetze verfügten Freiheitsstrafen, ferner die
Fälle gesetzlicher Inhaftirung, sodann die momentanen Aufenthaltsbeschränk-
ungen, welche sich aus der Anwendung gesetzlicher Zwangsmittel ergeben,
z. B. die Fälle der Realcitation, der zwangsweisen Vorführung, Heim-
lieferung und dergl.; außerdem gehören hieher die aus einem öffentlichen
Dienstverhältnisse und der Erfüllung der Militärpflicht entspringenden,
sowie die nach den Civil= und Civilprozeßgesetzen zulässigen Aufenthalts-
beschränkungen; endlich sind zu erwähnen die im Gesetze über das Paß-
wesen vom 12. Oktober 1867 ausdrücklich vorbehaltenen Bestimmungen
über Zwangspässe und Reiseronlen, vergl. hiezu meinen Kommentar zum
bayr. Heimalgesetze S. 218 und 219.
8. Durch den Ausdruck „lästige Bedingungen“") sollten vorzugs-
weise die Aufenthaltsgebühren, sowie die für einzelne Klassen von Perso-
nen besonders bestehenden, mit der Aufenthalts= und Erwerbsfreiheit nicht
vereinbarlichen Auflagen und Beschränkungen getroffen werden, z. B. die
sogenannten Judenschuhgelder, die Recognitionsgebühren für auswärts
wohnende Gemeindeangehörige, dann die Bestimmungen, wodurch den
Isracliten der Aufenthalt oder die Niederlassung in gewissen Gemeinden
verboten war. Alle diese unzeitgemäßen Beschränkungen der persönlichen
Freiheit, welche übrigens auch in Vayern nicht mehr beslanden, sind durch
das Freizügigkeitsgeseh beseiligt; dagegen wird die Verbindlichkeit zur
Entrichtung von Taxen für den Erwerb von Grundstücken, dann von
Steuern und indirekten Auflagen selbstverständlich durch das Freizügig-
keitsgesetz nicht berührt.
Die im letzten Absatze des § 1 enthaltene Vorschrift ist an sich
nur eine Schlußfolgerung aus dem übrigen Inhalte des Paragraphen;
sie wurde aber ausdrücklich ausgenommen, um die Gleichberechtigung der
Koufessionen in allen diesen Beziehungen außer Zweifel zu stellen; vergl.
hiezu das im IV. Abschnitte dieser Abtheilung enthallene Gesetz über die
Gleichberechtigung der Konfessionen vom 3. Juli 1869, in specio die
Vorbemerkung Ziff. I.
5P) Zu derarligen lästigen Bedingungen wird auch das hie und da be-
stehende Verbot, Gehalte und Pensionen außerhalb des Heimatstaates zu ver-
zehren, gerechnet werden müssen; es wird daher, soweit es sich um den Aufenthalt
in einem anderen deulschen Staate handelt, ceifiren.
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