Gesetz über die Freizügigkeit. 8 8. 231
desgesehlichen Vorschriften, in Bayern bei Art. 51 und 52 des Gesetzes
vom 16. April 1868.
3. Der 8 3 des Freizügigkeitsgesetzes beläßt es einfach bei den
bestehenden Landesgesetzen; neue Beschräunlungen der Freizügigkeit
können wie bereits oben bemerkt, in Hinblick auf § 5 des Einführungs-
gesehes zum deulschen Strafgesetzbuche vom 31. Mai 1870 und die hie-
zu gepflogenen Reichstagsverhandlungen (Stenogr. Ber. Bd. 2 S. 776)
durch Landesgesetz nicht mehr eingeführt werden; dagegen ist es nach § 8
jenes Einführungsgesetzes zulässig, die in Kraft bleibenden Landesgesetze
mit dem Strafgesetzbuche in Einklang zu bringen.
4. Landesverweisungen gegen Bundesangehörige sind für die
Folge in der Regel ausgeschlossen, dn das Neich Ein Freizügigkeitsgebiet
bildet. Die Bestimmung in § 3 Abs. II ist sonach eine exceptionelle.
Das Geseßz unterscheidel hiebei zwei Kategorien; zur ersteren gehö-
ren alle diejenigen Personen, gegen welche auf Grund eines Landes-
gesetzes eine Aufenthaltsbeschränkung besteht, unter die zweite Kategorie
dagegen fallen die Bettler und Landstreicher, welche in irgend einem Bun-
desstaate binnen Jahresfrist wiederholt bestraft wurden. Gegen die letzteren
kann mit Landesverweisung vorgegangen werden, auch wenn die Behörden
desjenigen Slaates, in welchem die wiederholte Bestrafung stattsand, keine
Aufenthaltsbeschränkung verfügt haben.
Für Bayern lommt hiebei in Belracht, daß die Ausweisung eines
Beltlers und Landstreichers aus einem Gemeindebezirke nach Art. 45
Ziff. 5 des bayr. Gesetzes vom 16. April 1868 schon dann erfolgen
lam, wenn der Betreffende einmal bestraft wurde, und es entsteht da-
her die Frage, ob nicht mit Rücksicht auf eine derartige landesgesetzlich
verfügte Aufenthaltsbeschränkung schon nach einmaliger Bestrafung wegen
Bettels die Landcsverweisung versügt werden könnte. Nach dem Wort-
laute des § 3 Abs. II wäre diese Frage zu bejahen, da derselbe die
Anschauung zuläßt, daß die reichsgesetzliche Vorschrift bezüglich der Bettler
und Landstreicher nur dann Plaß greift, wenn gegen derartige Personen
nicht bercits auf Grund der Landesgesetze Aufenthaltsbeschränkungen ver-
sügt wurden. Andererseits ist aber zu berücksichligen, daß eine derartige
Praxis kaum den Intentionen des Freizügigkeitsgesetzes entspricht und es
ist daher, da eine gegentheilige Interpretation möglich erscheint, jedenfalls
vorzuziehen, gegen Bektler und Landstreicher nur nach wiederholter Bestraf-
ung die Landesverweisung vorzukehren.
5. Unter dem Ausdrucke „anderer Staat“ sind offenbar diejenigen
Staaten begriffen, in welchen die betreffende Person keinen Unterstützungs-
wohnsitz rosp. keine Heimath besizt. Da nach dem nordd. Unterstützungs-
wohnsitgesetze der Unterstützungswohnsitz vom Besitze des Landesindigenats
unabhängig ist, so kann eine Person möglicherweise aus ihrem engeren
Heimatstaate ausgewiesen werden, wogegen sie derjenige Staat, in welchem