Geseh, betreffend die Gleichberechtigung der Konsessioneu. 247
Gesetz, betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen in
bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung.
Vom 3. Juli 1869 (Bundesgesetzbl. S. 292).
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc.
verordnen im Namen des norddeutschen Bundes, nach
erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des
Reichstages, was folgt:
Einziger Artikel.
Alle noch bestehenden, aus der Verschiedenheit des religiösen
Bekenninisses hergeleiteten Beschränkungen!) der bürgerlichen)
und staatsbürgerlichen Rechte werden hiedurch aufgehoben. Ins-
besonderes) soll die Befähigung zur Theilnahme an der Gemeinde-
und Landesvertrelung und zur Bekleidung öffentlicher Aemter")
vom religiösen Bekenntniß unabhängig sein.
1. Indem das Gesetz nur die aus der Verschiedenheit des Religions-
bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen, d. h. die mit den modernen
Anschauungen unvereinbaren Zurücksetzungen der Bekenner oder Nichtbekenner
dieser oder jener Religion aufhebt, will es offenbar nicht in diejenigen
Verhällnisse einzelner Religionsgesellschaften eingreifen, welche zwar ver-
schieden von denen anderer Religionsgesellschaften geordnet sind, aber keine
rechtliche Benachtheiligung der Angehörigen der einen oder anderen
Gesellschaft in bürgerlicher oder staatsbürgerlicher Hinsicht in-
volviren. Hieher gehören z. B. die durch die Civilgesetze einzelner Staaten
anerkannten kirchenrechtlichen Ehehindernisse, ferner die innerhalb einer
Religionsgesellschaft etwa bestehenden besonderen Bestimmungen über das
eheliche Güterrecht, das Erbrecht und dergl. endlich diejenigen Normen,
welche das Verhältniß einer Religionsgesellschaft zum Staate betreffen, so-
ferne dieselben nicht zugleich eine Entziehung von allgemeinen bürgerlichen
oder staalsbürgerlichen Rechten enthalten. Das Gesetz sindet sonach auf
diejenigen Einrichtungen oder Vorschriften, welche sich auf den Modus der
Religionsausübung oder die Stellung einer Religionsgesellschaft als solcher
im Staate beziehen, keine Amwendung.
Dieß geht nicht bloß aus der Entstehungsgeschichte und dem Wort-
laute des Gesetzes, welcher nur von den bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Rechten der einzelnen Individuen, nicht aber von den Verhälknissen
der Religionsgesellschaften handelt, hervor, sondern auch aus den
Verhandlungen des deutschen Reichstags (Stenog. Ber. 1871 S. 104 f.,
u. Anlagen Nr. 12 S. 62), wo die Anträge auf die Einschallung von