Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

der Bundes- und Staatsangehörigleit. 251 
zügigkeitsgesetz von 1867 statuirte „sociale Freizügigkeit ist, wie sich 
der hessische Bundesrathsbevollmächtigte ausdrückte (Stenogr. Bericht 
1870 S. 82) zur politischen Freizügigkeit erweitert.“ 
Die Indigenatsverleihung an Ausländer (Naturalisation) 
dagegen ist dem Ermessen der Einzelregierungen anheimgegeben; sie 
können dieselbe von jeder beliebigen Bedingung, also auch von der Er- 
werbung der Heimalh abhängig machen, und sind nur insoferne ge- 
bunden, als die Naturalisation nicht stallfinden soll, wenn die in § 8 
des Gesetzes bezeichneten Voraussetzungen im einzelnen Falle nicht ge- 
geben sind. 
6. Der Besitz des Indigenats bildet keine Voraussetzung der Zu- 
lassung zu öffentlichen Aemtern, sondern die Anstellung hat den Er- 
werb der Staatsangehörigkeit zur unmittelbaren Folge. 
7. Durch das Gesetz ist der gleichzeitige Besitz des Indigenats 
mehrerer Staaten nicht ausgeschlossen. 
8. Staatsangehörigen, welche die Aufnahme in einem anderen 
Bundesstaate erlangt haben, darf die Entlassung in keinem Falle ver- 
weigert werden. Außerdem ist das Recht der Auswanderung in Frie- 
denszeiten nur durch Rücksichten auf die Erfüllung bestimmter öffent- 
licher Dienstpflichten beschränlt (§ 17 des Ges.). 
9. Deutsche, welche sich im Auslande aufhalten, können, wenn 
sie in Kriegszeiten der Aufforderung zur Rückkehr nicht Folge leislen, 
durch Ausspruch der Centralbehörde ihres Heimatstaates der Bundes- 
und Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt werden. 
10. Die Bundes= und Stuatsangehörigkeit geht ferner unter den 
in § 21 des Gesetzes erwähnten Voraussetzungen durch 10jährigen un- 
unterbrochenen Aufenthalt im Auslande verloren. 
11. Außerdem kann der Verlust derselben ausgesprochen werden 
wegen ungerechtfertigten Verbleibens im ausländischen Staatsdienste. 
12. Die Aufnahme eines Bundesangehörigen, sowie die Ertheil- 
ung der Entlassungsurkunde an die in einem anderen Bundesstaate 
aufgenommenen Personen hat kostenfrei zu erfolgen; für sonstige 
Entlassungsurkunden darf nicht mehr als Ein Thaler erhoben werden. 
IV. Was Bayern insbesondere betrifft, so gilt auch hier das 
Reichsgesetz vom 1. Juni 1870 in seinem vollen Umfange, und es 
besteht demgemäß auch zwischen Bayern und den übrigen deutschen
	        
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