Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

8 4. Der Bundesrath. 21 
XIII. Da sich die Reichsgewalt auf die der souveränen Ver- 
fügung der Einzelstaaten überlassenen Materien nicht erstreckt, so ist in 
den §§ 7 u. 28 der Verfassung bestimmt, daß über eine Angelegenheit, 
welche nicht dem ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, im Bundesrathe 
beziehungsweise Reichslage nur die Stimmen der Bevollmächtigten 
resp. Reichstagsabgcordneten derjenigen Staaten gezählt werden, wel- 
chen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist. 
Aus der Natur der vertragsmäßig garantirten Sonderrechte er- 
gibt sich ferner von selbst, daß — wie bereilts oben § 2 Ziff. IX be- 
merkt, — zu deren Aufhebung oder Abänderung die Zustimmung der 
Berechtigten erforderlich ist. 
84. 
Der Bundesrath. 
I. Das in der Verfassung zuerst genannte Organ der Reichs- 
gewalt ist im Hinblick auf den bundesstaatlichen Charakter des deutschen 
Reichs der Bundesrath. Derselbe besteht nach Art. 6 der Ver- 
fassung aus den Vertretern sämmtlicher Vundesglieder. Die Ernemmung 
dieser Vertreter ist Sache der Einzelregierungen. Jede Regierung 
kann so viele Bevollmächtigte zum Bundesrathe ernennen, als sie Stim- 
men hat, doch darf die Gesammtheit der einem Staate zustehenden 
Stimmen immer nur einheitlich abgegeben werden. Es ist dem Er- 
messen der Einzelregierungen anheimgestellt, ob sie ihre Vertreter zum 
Zwecke der Stimmführung mit Generalvollmacht versehen oder ihnen 
für jeden einzelnen Gegenstand spezielle Directiven ertheilen wollen; 
der Art. 7 der Reichsverfassung bestimmt in dieser Beziehung lediglich 
zur Fernehaltung von Sachverschleppungen, daß nicht instruirte Stim- 
men d. h. Stimmen von Vertretern, welche erklären, daß sie nicht mit 
der nöthigen Vollmacht für den betreffenden Fall ausgerüstet sind, nicht 
gezählt werden. Abgesehen von der Verschiedenheit der Stimmenzahl, 
den Präsidialrechten der Krone Preußen und den Ansprüchen mehrerer 
durch Bundesges. v. 11. Juni 1870 (Gesetzbl. S. 416) für den Wegfall der 
Elbzölle dem Großherzogthum Mecklenburg. Schwerin eine Million und dem Her- 
zogthum Anhalt fünfundachtzig Tousend Thaler als Absindung gewährt wurden, 
während die übrigen Staaten ihre Flußzölle aus eigenen Mitteln ablöslen.
	        
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