8 5. Bundespräsidium; deutscher Kaiser. 29
II. Im Einzelnen sind dem Bundespräsidium durch die Ver-
fassung folgende Rechte zugewiesen:
A. 1) Nach Art. 11 der Verf. hat der Kaiser das Reich völker-
rechtlich zu vertreten, im Namen des Reichs Krieg zu erklären und
Frieden zu schließen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden
Staaten einzugehen,) Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen. Zu
Kriegserklärungen ist, wenn nicht ein Angriff auf Bundesgebiet erfolgt,
die Zustimmung des Vundesraths nothwendig. Verträge, welche einen
Gegenstand der Gesetzgebung betreffen, also gegebenen Falls auch Friedens-
schlüsse, sind nur mit Zustimmung des Bundesraths und NReichstags
für das Reich verbindlich.
2) Das gesammte Konsulatswesen des deutschen Reichs steht
unter Aufsicht des Kaisers, welcher die Konsuln nach Vernehmung des
Bundesrathsausschusses für Handel und Verkehr anstellt (Art. 56 der
Verfassung).
B. 3) Wenn Bundesglieder ihren Verpflichtungen nicht nach-
kommen, so vollzieht der Kaiser auf Beschluß des Bundesraths die Exe-
kution (Art. 19 der Verf.).
4) Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem
Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand)
erklären (Art. 68 der Verf.).
C. 5) Dem Kaiser steht es zu, den Bundesrath und den Reichs-
tag zu berufen, zu eröffnen, zu vertkagen und zu schließen (Art. 12
der Verf.); die Berufung des Bundesraths muß jedoch geschehen, wenn
ein Drittheil der Stimmenzahl es verlangt (Art. 14 der Verf.) oder
der Reichstag zusammentreten soll; die Auflösung des Reichstags kann
während der Legislaturperiode nur auf Grund eines Bundesraths-
beschlusses erfolgen. Ohne Zustimmnng des Reichstags darf die Ver-
tagung desselben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während
derselben Session nicht wiederholt werden (Art. 25 und 26 der Verf.).
*) Vergl. auch Ark. 50 der Verf. Nach Ziff. XI des bayrischen Schluß-
protokolls wurde allseitig anerkannt, daß bei dem Abschlusse von Post= und Tele-
graphen-Verträgen mit außerdeutschen Staalen zur Wahrung der besonderen
Landesinteressen Vertreier der an die betreffenden außerdeutschen Staaten angren-
zenden Bundesstaaten zugezogen werden sollen.
*) Eine Ausnahme sindet dermalen noch hinsichtlich Bayerns statt.