Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

32 Grundzüge des Verfassungsrechts des deulschen Neichs. 
der deutschen Truppen zum unbedingten Gehorsam gegen den Koaiser 
ist in den Fahneneid aufzunehmen (Art. 63, 64 u. 66 der Verf.). 
Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, kommt, 
mit Ausnahme Bayerns"), dem Kaiser zu. 
86. 
Reichstag. 
I. Das deulsche Volk wird in seinen auf das Reich bezüglichen 
Angelegenheiten durch eine Versammlung von Abgeordneten — 
den Reichstag — vertreten. Derselbe besteht dermalen aus 382 Mit- 
gliedern, welche aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer 
Stimmabgabe hervorgehen (Art. 20 der Verf.). 
Die Zahl der in jedem Bundesstaate zu wählenden Abgeordneten 
ist bezüglich derjenigen Slaaten, welche den norddeutschen Bund bildeten, 
in § 5 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 (Bayr. Gesetbl. pro 1877, 
S. 256 ff.), bezüglich der süddeutschen Staalen aber in Art. 20 
Abs. II der Neichsverfassung genau angegeben; bei der Berechnung 
ging man von dem Grundsatze aus, daß in der Regel auf 100,000 Seelen 
Ein Abgeordneter treffen soll, und daß in einem Bundesstaate, dessen 
Bevölkerung 100,000 Seelen nicht erreicht, gleichfalls Ein Abgeordneter 
zu wählen sei. Die Wahlkreise, in welchen je Ein Abgeordnueter ge- 
wählt wird, sind durch den Bundesrath gebildet und können nur mit 
Zustimmung des Reichstags abgeändert werden. 
Wähler für den Reichstag ist jeder Deutsche, welcher das 
25. Lebensjahr zurückgelegt hat, in dem Bundesstaate, wo er seinen 
Wohnsitz hat. — Für Personen des Soldatenstandes, des 
Heeres und der Marine ruht die Verechtigung zum Wählen so lange, 
als dieselben sich bei der Fahne befinden. Ausgeschlossen sind vom 
Wahlrechte: alle unter Vormundschaft oder Curatel stehenden Personen, 
ferner Personen, welche sich im Concurse befinden, sodann Personen, 
welche öffentliche Armenunterstützung beziehen oder im vorhergehenden 
Jahre bezogen haben, sowie endlich diejenigen, denen der Vollgenuß der 
*) Bezüglich Würllembergs findet ein vorgängiges Benehmen mit der 
württemb. Regierung statt.
	        
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