Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

48 Grundzüge des Verfassungsrechis des deutschen Reichs. 
der Grundsatz aufgenommen, daß keine im Gebieke des deutschen Reichs 
erscheinende politische Zeitung, so lange überhaupt der Vertrieb der 
Zeitungen im Wege des Postdebils erfolgt, von demselben ausgeschlossen 
oder ungünstiger als andere Blätter behandelt werden darf; endlich ent- 
hält das deutsche Strafgesetzbuch Bestimmungen über Verbrechen und 
Vergehen, welche durch die Presse begangen werden. 
Die staatsbürgerlichen Rechte haben insoferne eine Ausdehnung 
erfahren, als in der Negel jeder 25 Jahre alte Deutsche zum Reichs- 
tage wählen und gewählt werden kann (Wahlgesetz vom 31. Mai 
1869); auch steht den Bundesangehörigen in Bezug auf Gegenstände, 
welche in die Kompetenz der Träger der Reichsgewalt fallen, unzweifel- 
haft das Recht zu, an diese Petitionen zu richten (Art. 7 Ziff. 3 
Art. 17 u. Art. 23 der Verf.). 
4) Bezüglich der Sicherheit des Vermögens der Unter- 
thanens) verbleibt es im Allgemeinen bei den bisherigen Landes- 
gesetzen; der Schuß des literarischen Eigenthums, das Obligationenrecht, 
das Handels= und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren sind jedoch 
Reichsangelegenheiten (Art. 4 Zisf. 6 u. 13) und theilweise bereits 
durch Neichsgesetze geregelt (Gesetz über die Urheberrechte vom 11. Juni 1870, 
Gesetz, betressend die Einführung der allgemeinen deutschen Wechselord- 
nung, der Nürnberger Wechselnovellen und des allgemeinen deutschen 
Handelsgesetzbuches vom 5. Juni 1869, Gesetz vom 11. Juni 1870, 
betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesell- 
schaften). Die Urtheile der Landesgerichte sind auch in den übrigen 
Bundesstaaten vollstreckbar (Ges. vom 21. Juni 1869, betreffend die 
Gewährung der Rechtshilfe). 
Für Zwecke des Reichskriegswesens, insbesondere für die Anlage 
von Festungen können durch Reichsgesetz zwangsabtretungen bon 
Vermögensrechten verfügt werden; alle deutschen Eisenbahnverwaltungen 
sind verbunden, den Anforderungen der Reichsbehörden in Betreff der 
Benutzung der Eisenbahnen zum Zwecke der Vertheidigung Deutschlands 
*) Die in Bayern bisher geltenden Bestimmungen über die Sicherheit des 
Vermögens der Unterthanen, das Urheberrecht und die Zwangsabtrelung siehe bei 
Päzl 1. c. 85 33 u. 34; — Ueber die Freiheit und Sicherheit des Eigenthums 
in Preußen s. Rönne I. c. § 94 und 95.
	        
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