§ 10. Einfluß des Bundesrechtes auf das Landesstaalsrecht. 49
unweigerlich Folge zu leisten und das Militär sowie alles Kriegsmaterial
zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern (Art. 47 und 61 der Verf.).
5) Das Reich gewährt den Unterlhanen jedes einzelnen Bundes-
staates Schutz wegen ungerechtfertigter Justizverweigerung
(Art. 77 der Verf.); deßgleichen können dieselben in allen auf die
Reichsgesetze und deren Anwendung bezüglichen Angelegenheiten an die
Träger der Reichsgewalt Beschwerden richten (Art. 4, 7 Ziff. 3, 17
und 23 der Verf.). Die landesgesetzlichen Mittel zum Schutze der
durch die Landesgesetze den Unterthanen gewährleisteten Rechte bleiben
principiell unberührt;“) das Strafrecht und die Strafrechtspflege sind
jedoch Objekte der Reichsgesetzgebung (Art. 14 Ziff. 13 der Verf.;
dentsches Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870 resp. 15. Mai 1871 und
Einführungsgesetz vom 31. Mai 1870); auch ist der Kaiser befugt,
wenn die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden
Theil desselben in Kriegszustand zu erklären (Art. 68 der Verf.).
6) Die Unterthanen?*) der Einzelstaalen sind in ihrer Eigenschaft
als Bundesangehörige auch dem Neiche gegenüber zu Gehorsam und
Treue verbunden; sie haben die Reichssteuern zu entrichten und ihre
Wehrpflicht unmillelbar?*“) gegenüber dem Neiche zu erfüllen
(Art. 57, 58, 63, 70 u. 74 der Verf., Geseßz, betreffend die Ver-
pflichtung zum Kriegsdienste vom 9. November 1867, deutsches Straf-
gesetzöuch vom 31. Mai 1870 § 80 ff.). Den besonderen Pflichten,
welche den Landesangehörigen gegenüber ihrem Heimatslaale obliegen,
geschieht mit Ausnahme der Wehrpflicht durch die Reichsgesetze prin-
cipiell kein Eintrag; vergleiche jedoch das Gesetz über Doppelbesteuerung
vom 13. Mai 1870.
7) Dem Neiche gegenüber gibt es, abgesehen von der unangetastet
gebliebenen Stellung der Landesfürsten und ihrer Familienglieder weder
rechtlich bevorzugte noch benachtheiligte Klassen 4) und es sind
*) Vergl. hierüber Pözl l. c. § 35 und 36 dann Rönne l. c. 8 99.
*#) Ueber die Unterthanenpflichten der bayrischen Staatsangehörigen s. Pözl
1. c. § 37—42; über die slaatsbürgerlichen Pflichten in Preußen siehe Rönne
5 102—105.
*% In Bayern ist die Wehrpflicht gegenüber dem Reiche im Frieden nur
eine mittelbare, im Kriege dagegen gleichfalls eine direkte.
#) Vergl. hiezu Pözl l. c. § 13—88, worin die bayrischen Bestimmungen
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