Full text: Die Reichsverfassungsurkunde vom 16. April 1871.

A. Promulgationsgeseh vom 16. April 1871. 65 
beschlossene, bestehende Recht verändert werden kann. Selbst wenn ein 
Irrthum in diese Redaktion sich mitunter einschleichen sollte, selbst wenn 
irgend ein Satz vielleicht durch diese Redaktion nicht die passende 
Stelle bekommt, so wird man doch in Zukunft bei jedem durch die 
Worte nicht ausgetragenen Zweifel das Recht haben, zurückzugehen 
auf die Verträge, die wir genehmigt haben, als auf ein gewisses Auf- 
klärungsmaterial, während aus dem Umstande, daß wir die Redaktion 
so oder anders gefaßt haben, nicht ohne Weiteres hervorgeht, daß wir 
das bestehende Recht haben ändern wollen.“ 
Bezüglich der, in der neuen Redaktion gebrauchten Worte: 
„Bund“ und „Neich“ bemerkie Fürst von Bismarck (Stenog. Ver. 
v. 1871 S. 95), daß die Wahl zwischen diesen beiden Worten keine 
willkürliche oder zufällige gewesen sei, wenn auch die Sache selbst keine 
principielle Bedentung habe. — Der Ausdruck „Bund“ sei zulässig, 
weil in der Verfassung „eine Fortdauer des Bundesverhöällnisses als 
Grundlage gedacht worden sei“, sodann sei man davon ausgegangen, 
den Ausdruck „Neich“ nur da zu gebrauchen, wo von einem Inbegriff 
der slaatlichen und hoheitlichen Rechte die Rede ist, welche auf die Ge- 
sammtheit übertragen worden sind; dem Ausdrucke „Vund“ aber habe 
man dort seine Anwendung belassen, wo mehr die Rechte der einzelnen 
Staaten, der Bundesglieder, in den Vordergrund treten. 
III. Die auf die Einführung norddeutscher Gesetze in den süd- 
deutschen Staaten bezüglichen Vertragsbestimmungen wurden, da sie nur 
transikorischer Natur sind, in die Verfassung nicht aufgenommen, sondern 
lediglich in dem Promulgationsgesetze als fortdauernd gillig bezeichnet. 
Dasselbe ist der Fall mit den in den einzelnen Schlußprotokollen ent- 
haltenen Verabredungen, welche theils vorübergehenden, theils erläutern- 
den, theils administrativen Charakters sind. 
Die das Militärwesen in Bayern und Württemberg betresfenden 
Vertragsbestimmungen endlich wurden in der Verfassung nur allegirt. 
IV. Ohngeachtet des nach dem oben sub 1I Gesagten wesentlich 
auf das Formelle gerichteten Zwecks der neuen Verfassungsredaktion be- 
steht doch kein Zweifel, daß forkan, wo im amtlichen Verkehre die Ver- 
fassung zu allegiren ist, dieß lediglich nach der neuen Redaktion vom 
16. April 1871 zu geschehen hat. 
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