Full text: Der Belagerungszustand, insbesondere in seiner Bedeutung für Strafrecht und Strafprozess – Jahrgang 1916

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kennen der Anordnung aber steht gleich der Irrtum des 
Übertreters über den Inhalt der ihm bekannten Anord- 
nung, insbesondere soweit Zweifel über die Tragweite und 
die Grenzen des Verbots durch die Umstände, unter denen 
es erlassen wurde, und durch die Zweckbestimmung, der 
es dienen soll, hervorgerufen werden können. Mit Un- 
recht ıst daher die Strafkammer auf das diesen Punkt 
betreffende Verteidigungsvorbringen des Angeklagten nicht 
eingegangen.« 
Vgl. ferner RG. v. 7. Mai 1915 IV 47/15, v.3. Juni 
1915 I 217/152), v. 8 Juni III 338/15, v. 5. Juli III 
324/15. 
Anders das bayer. OLG., das in ständiger Recht- 
sprechung und in bewußtemn und gewolltem Gegensatz 
zum Beichsgericht für die Auslegung des inhaltlich mit 
& 9b wesentlich gleichen Art. 4, 2 des bayer. KZG. das 
Gegenteil annimmt, weil es das Militärverbot als das »Straf- 
pesetz« selbst ansieht. 
Vgl. zu Einzelfragen die Urteile des bayer. OLG. v. 
29. Juli und v. 23. Sept. 1915, DJZ. 1915, S. 1104 (Ver- 
bot des An- und Verkaufs von Pferden ohne Geneh- 
migung des Generalkommandos). Hier ist entschieden, 
daß, wer an der Gesetzmäßigkeit seines Tuns zweifele, 
nicht in einem Irrtum über das Gesetz handele, vielmehr 
weil er den gesetzwidrigen Erfolg seines Tuns auch für 
den Fall wolle, dab sein Zweifel begründet war, das Gesetz 
vorsätzlich übertrete, daß der Irrtum, der Kauf von Pferden 
falle nicht unter das Verbot, kein Irrtum über einen Tat- 
umstand nach 8 59 StGB. sei, sondern das Strafgesetz be- 
treffe. Irrtum über Strafgesetze sei aber strafrechtlicher 
  
  
  
  
  
  
1) DJZ. 1916, 8. 11321.
	        
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