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mungen der Abgeordneten der Einzelnstaaten zur Frankfurter Ver-
sammlung bei Berathung der die kirchlichen und Schulverhältnisse
betreffenden Paragraphen der Grundrechte ergeben haben.
u.
A. Die Unabhängigkeit der Kirche vom Staate.
8 8.
1. Grnndlegung.
Unter den Völkern des Alterthums war Kirche und Staat
Eins, oder, richtiger gesagt, der Staat war die Kirche, denn der
einzelne Staat hatte seinen besonderen Schutzgott, seine besondere
Religion. Wir finden dies sogar in dem Judenthume, Gott wird
oft nur als der besondere Gott des Volkes, aber zugleich als
über alle anderen Volksgötter gebietend, dargestellt, daher der
Messias des Judenthumes mit der Herrschaft Jehova's auch den
Glanz und die Oberherrschaft des jüdischen Stammes bringen
sollte. Das Christenthum seiner allgemeinen, alle Völker und
Staaten der Erde umfassenden Bestimmung nach und entstehend
wie wachsend unter dem Drucke der Verfolgung des Staates,
sonderte beide Sphären; der Sachsenspiegel gab in seinem Bilde
der beiden Schwerter das Prinzip dieser Sonderung, welche den-
noch wieder dadurch gemildert und aufgehoben wurde, daß eines-
theils der Staat ein christlicher war, daß er die Grundsätze und
Gebote der Kirche als maßgebend für seine Regierung annahm,
daß andererseits eben deshalb die Kirche den Staat, eben weil
er ein christlicher, und um seines Schutzes willen an der Rege-
lung ihrer äußeren Angelegenheiten Antheil nehmen ließ. Dieses
Verhältniß wurde seit dem Beginn des sechszehnten Jahrhunderts
mehr und mehr alterirt. Einerseits verlor der Staat faktisch den
Charakter eines christlichen, indem er zwar an dem Grundsatze
festhielt, uur Getaufte zu seinen Aemtern und zu öffentlichen Stel-
len zuzulassen, aber seine leitenden Grundsätze mehr und mehr