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sich nicht noch der rohen Handlungsweise des letzteren Ministeriums
auf Anlaß des Ablebens der Königin Caroline? Es ist nicht be—
kannt, daß die bayerische Regierung irgend gesonnen ist, die Fesseln
der Kirche zu lösen, unter den Vorschlägen zur Umwandlung der
Verfassung, welche den Ständen vorgelegt worden, befindet sich
kein auf die Selbstständigkeit der Kirche bezüglicher, und es ist
notorisch, daß, obwohl die zu Würzburg versammelt gewesenen
Bischöfe, unter ihnen alle acht bayerische, erklärt haben:
„daß sowohl die Mitbetheiligung des Staates an den
Prüfungen der in den geistlichen Stand Tretenden zur
Aufnahme in die Seminarien, als auch dessen Mitwirkung
zu Pfarr-Konkursprüfungen eine wesentliche Beschränkung
der kirchlichen Freiheit und eine Beeinträchtigung der bi-
schöflichen Rechte enthalte,“
nicht nur die bayerische Regierung vor wie nach ihre Kommissarien
zu diesen Prüfungen sendet, sondern daß auch selbst die münchener
bisiorisch-politischen Blätter nicht angestanden haben, dieses Recht
und diese Handlungsweise der Regierung zu vertheidigen.
Eine Reihe deutscher Staaten sind zur oberrheinischen Kirchen-
provinz vereinigt und in ihnen sind die Verhältnisse der Kirche
zum Staate durch das berüchtigte Statut vom 30. Januar 1830
geordnet worden, gegen welches der heilige Stuhl in dem Breve
vom 30. Juni 1830 förmlichen Protest eingelegt hat. In diesen
Staaten muß das Direktorium, d. h. die jährliche vom Bischofe
veröffentlichte, für die Kirchen und Geistlichen bestimmte Ordnung
der Meßliturgie und des Breviergebetes erst dem Placet unterwor-
fen werden. Bis jetzt, obwohl alle diese Staaten die deutschen
Grundrechte anerkannt haben, ist in ihnen kein Schritt zur Aufhe-
bung dieses Verhältnisses geschehen.
Ein Gleiches gilt von den sächsisch-thüringischen Staaten, von
Oldenburg; auch in Hannover ist noch Nichts für die Selbststän-
digkeit der Kirche gethan, obwohl man der hannoverischen Regie-