Full text: Die katholischen Interessen und Die Deutsche Frage in Preußen.

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thum zugestehen kam. Muß der Staat aber im Geiste des Chri- 
stenthumes regiert werden, soll und muß die christliche Sitte mehr 
und mehr den Staat durchdringen, so ist es Recht wie Pflicht 
des Staates, darauf zu achten, daß der Keim dieses christlichen 
Geistes nicht in der heranwachsenden Jugend zerstört oder ge- 
hemmt werde, auf welcher die Hoffnung des Staates ruht. Aus 
diesem Grundsatze folgt ein Doppeltes: erstens, daß der Staat 
dafür sorge, daß in den öffentlichen Schulen der christliche Geist 
geweckt und belebt werde, zweitens, daß der Staat nicht dulde, 
daß dem Volke ein Unterricht dargeboten werde, welcher diesem 
Geiste zuwiderläuft. Dieses letztere kann er nur durch Führung 
einer Oberaussicht auch über die nicht von ihm gegründeten und 
geleiteten Erziehungsanstalten. Diese Oberaufsicht muß sich in 
doppelter Weise geltend machen: erstens in dem Rechte, solche 
Personen, welche sich dem Publikum als Lehrer der Jugend an- 
bieten, hinsichts ihrer sittlichen und wissenschaftlichen Befähigung 
zu prüfen, zweitens in dem Rechte, die von Privaten gegründeten 
Lehranstalten zu beaufsichtigen. Beide Rechte müssen dem Staate 
um so mehr zustehen, als er, weil seine Bürger auf den Staat 
sich beziehende Rechte ausüben, die Sicherheit gewinnen muß, daß 
ihnen durch die Erziehung diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten 
zu Theil werden, welche zur Erfüllung der allgemeinen Bürger- 
pflichten nothwendig sind. Wenn der Staat daher auch im Sinne 
der Freiheit den Unterricht der Konkurrenz freigeben muß, so darf 
er diese Konkurrenz doch nur denen gestatten, welche ihm Garan- 
tien ihrer Befähigung gegeben. Zu der Vertheidigung der unbe- 
dingten Unterrichtsfreiheit ist man katholischerseits nur aus Irr- 
thum gekommen. Man hat nämlich, weil die Unabhängigkeit der 
Kirche vom Staate, auch die der von der Kirche gegründeten 
Schulen von demselben verfochten, und weil also die kirchliche 
Schule dem Staate als eine private entgegenstehe, der Forderung 
sich nicht entziehen zu dürfen geglaubt, daß sie den übrigen Pri- 
vatschulen gleichgestellt werde, daß man daher für Alle Lehrfreiheit 
und Befreiung von der Staatsaufsicht fordern müsse, um sie für
	        
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