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Deutschen sich nicht bloß dem Wortlaute nach, wie bei der alten
Bundesakte, sondern auch dem Geiste nach über einen solchen
Entwurf geeinigt haben, keine Notiz nehmen.
Ich möchte Sie doch bitten, den Einfluß der Regierungen,
die Notwendigkeit ihrer Mitwirkung beim Zustandekommen des
Werkes, nicht zu unterschätzen. Wir kommen sonst auf denselben
Weg, den wir in den Jahren 1848—1850 gewandelt sind. Damals
waren die Regierungen minder stark und hatten geringeres
Selbstgefühl als heute. Trotzdem ist es damals nicht gelungen,
den wohlwollendsten und vielleicht theoretisch richtigsten Gedanken
für nationale Einigung Anerkennung zu schaffen, weil das Ein=
verständnis der Regierungen fehlte. Ich kann die Versicherung
im Namen sämtlicher Regierungen wiederholen, daß dieses
Amendement für sie vollständig unannehmbar ist und es das
ernsteste Hindernis für das Zustandekommen der Verfassung
bilden würde, wenn das Amendement angenommen würde und
bliebe.“ —
IV.
„Ich glaube, mich gestern dahin ausgesprochen zu haben, ich
müßte als preußischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten
darauf bestehen, daß ich entweder selbst der Bundeskanzler bin,
oder daß die Instruktion des Bundeskanzlers ausschließlich von
mir abhängt. Wenn ich nun diese ausschließliche Berechtigung
in dem Sinne mißbrauchen wollte, daß meine gleich mir verant=
wortlichen und auf die Verfassung vereidigten preußischen Kollegen
mir sagten: „Da können wir nicht folgen,“ da würde ich, da es
unmöglich ist, daß ich demselben König und Herrn, der mich als
prenßischen Minister ernannt, in meiner Eigenschaft als In=
struktor des Bundeskanzlers oder als Bundeskanzler, den Ge=
horsam aufkündigte; ich würde mich entweder der Majorität
meiner Kollegen im preußischen Ministerium zu fügen haben bei
meinen Instruktionen an den Bundeskanzler, oder ich würde nach
anderen Kollegen suchen müssen, dic die Verantwortlichkeit für
das Verhalten des Bundeskanzlers mit übernehmen. Daß in
wichtigen Angelegenheiten, z. B. bei neuen Gesetzen, die preußische