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sieht es trübe aus mit der Zukunft. Indessen weiß ich nicht,
warum mir, der ich mit dem Aufwande meiner Lebenskraft
Deutschland begründen half, das Deutsche Reich mehr am Herzen
liegen soll, als jedem von Ihnen. Wir sind alle Deutsche, und
jeder kann bei uns Minister werden. Meine Mitwirkung aber
können Sie nicht weiter verlangen, wenn sich jeder berechtigt
glaubt, die Grundlagen des Reiches in Frage zu stellen und das
Werk meines Lebens zu untergraben.“
Wurde die Regierung im Reichstage beschuldigt, den Ham=
burgern teils durch Einverleibung von Altona und eines Stückes
von St. Pauli in das Zollgebiet, teils durch Verlegung der
Zolllinie nach einem unterhalb Hamburgs gelegenen Punkte
ihre Freihafenstellung unmöglich zu machen, so gab es in Ham=
burg keineswegs blos zornige Gemüter, die sich in Schmähungen
gegen die „Gewalttätigkeit“ des Kanzlers ergingen. Die An=
schlußpartei machte im Gegenteil Riesenfortschritte. So kam es
zu Verhandlungen, und während der Reichstag fortfuhr, sich für
Hamburg und seine Rechte leidenschaftlich zu erhitzen und große
Resolutionen zu fassen, fand er sich eines Tages vor der voll=
endeten Tatsache der Aufnahme Hamburgs in den Zollverein
und sah diese von der großen Mehrheit der dortigen Bürger=
schaft ratifiziert.
Die Tätigkeit des Reichskanzlers im Bundesrate war
durchweg von den günstigsten Folgen begleitet. Der Entwurf
über eine neue Geschäftsordnung wurde vom Bundesrate an=
genommen. Darin war die Frage der „Substitution“ genau
behandelt, dieselbe im Verhinderungsfalle zwar gestattet, aber
durch so viele vor Mißbrauch schützende Maßregeln eingeschränkt,
daß sie als eine ziemlich unschädliche Einrichtung betrachtet
werden konnte.