Däs Budgetrecht des Reichstages.
Der Streit um das Budgetrecht führte den Verfassungs=
konflikt herbei, der die ersten Jahre der Ministerzeit Bismarcks
ausfüllte. Übersicht man denselben vollständig, so kann das nur
in der Überzeugung bestärken, daß Bismarck bei seiner damaligen
Politik sich keineswegs einzig von den zwingenden Rücksichten
auf die nur durch „Blut und Eisen“ zu lösende deutsche Frage
leiten ließ, sondern daß er im Grunde auch das Bewußtsein in
sich trug, nicht gegen das verfassungsmäßige Recht zu verstoßen.
Bismarck sprach damals das vielberufene Wort „von der
Lücke in der Verfassung.“
In einer Rede vom Januar 1863 führte er aus:
„Die Verfassung hält das Gleichgewicht der drei gesetzgebenden
Gewalten in allen Fragen auch in der Budgetgesetzgebung durch=
aus fest. Keine dieser Gewalten kann die andere zum Nachgeben
zwingen; die Verfassung verweist daher auf den Weg der Kom=
promisse zur Verständigung. Ein konstitutionell erfahrner Staats=
mann hat gesagt, daß das ganze Verfassungsleben jederzeit eine
Reihe von Kompromissen sei. Wird der Kompromiß dadurch
vereitelt, daß eine der beteiligten Gewalten ihre eigene Ansicht
mit doktrinärem Absolutismus durchführen will, so wird die
Reihe der Kompromisse unterbrochen, und an ihre Stelle treten
Konflikte, und Konflikte werden, da das Staatsleben nicht still
zu stehen vermag, zu Machtfragen. Wer die Macht in Händen
hat, geht dann in seinem Sinne vor, weil das Staatsleben auch
nicht einen Augenblick stillstehen kann. . .“