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aus der Machtfülle des Königtums abgezweigt wurde. Der
Landtag hat noch immer nicht das Alter von einem halben
Jahrhundert erreicht, während die Dynastie der Hohenzollern fast
ein halbes Jahrtausend herrscht. Der Reichstag dagegen ist mit
dem deutschen Kaisertum an demselben Tage geboren worden.
Ihm konnten konstitutionelle Rechte nicht vorenthalten werden.
Und so wurde das Budgetrecht des Reichstages in durchaus be=
friedigender Weise geordnet. Der Reichstag setzt die Ausgabe
fest, und nachdem er sie unter strenger Prüfung des Bedürfnisses
festgesetzt hat, bewilligt er die Einnahmen, die zur Deckung
des Bedürfnisses erforderlich sind; genau so viel, nicht einen
Pfennig zu wenig, nicht einen Pfennig zu viel. Die Finanz=
politik des Deutschen Reiches ist von 1867 bis 1878 vortrefflich
gewesen, sparsam und volkstümlich.“ So wird von frei=
sinniger Seite die Zeit vor 1878, d. h. vor der Wendung,
die in der Zollpolitik Bismarcks eintrat, geschildert. Nach der=
selben habe er den Gedanken verfolgt, wie er die Rechte des
deutschen Reichstages herabdrücken und ihn auf dieselbe Stufe
dem Kaiser gegenüber stellen könne, auf welcher der Landtag
dem Könige gegenüberstand. „Zu diesem Zwecke mußte er
sein Budgetrecht einschränken. Er mußte Einnahmen schaffen,
die von der jährlichen Bewilligung des Reichstages unabhängig
waren, damit, wenn die Regierung für irgend einen Zweck er=
höhte Ausgaben forderte, sie diese mit dem Zauberworte recht=
fertigen könne: „Das Geld ist da“. Dem Reichstage verblieb
allerdings das Ausgabebewilligungsrecht, aber das Recht, Aus=
gaben zu verweigern, hat eine sehr gebrechliche Natur, wenn
ihm nicht das Recht, Einnahmen zu verweigern, zur Seite steht.“
Im konstituierenden Reichstage des Norddeutschen Bundes
wurde um das Budgetrecht des Parlaments namentlich in bezug
auf die Armee heftig gestritten. Gewisse Anträge aus dem
Reichstage nahmen das Budgetrecht in einem umfassenden Umfange
in Anspruch, so daß der Bestand der Armee, dessen Höhe in der
Verfassung bestimmt war, erschüttert werden konnte. Minister
von der Heydt erklärte: „Nach dem Bestand der Armee, wie er