Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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wolle er sich innerhalb der preußischen Verhältnisse bemühen, die 
Frage endlich zu einer befriedigenden Lösung zu bringen. 
Als nun im preußischen Landtage die Frage der Rede= 
freiheit wieder zur Sprache kam, erklärte sich die Regierung da= 
mit einverstanden, daß die unbedingte Redefreiheit, wie sie für 
den Reichstag besteht, auch für die beiden Häuser des Landtages 
zur Geltung gelange. Im Herrenhause wurde jedoch die Ab= 
änderung des betreffenden Artikels der preußischen Verfassung⁴⁶) 
zum Bedauern der Regierung abgelehnt. 
Demzufolge wurde im Reichstage 1869 der vorjährige An= 
trag erneuert, ein allgemeines Bundesgesetz folgenden Inhalts 
zu erlassen: 
„Kein Mitglied eines Landtags oder einer Kammer eines 
zum Norddeutschen Bunde gehörigen Staates darf zu irgend 
einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Aus= 
übung seines Berufs getanen Äußerungen gerichtlich oder dis= 
ziplinarisch verfolgt, oder sonst außerhalb der Versammlung 
zu welcher das Mitglied gehört, zur Verantwortung gezogen 
werden.“ 
Der Bundeskanzler Graf v. Bismarck sprach sich auch jetzt 
gegen diesen Antrag aus. Er äußerte u. a. folgendes: 
„Im Bundesrate halte ich mich wohl berechtigt, da, wo es sich 
um die nationalen Zwecke des Bundes handelt, unter Umständen 
das volle Gewicht der preußischen Stimme mit denjenigen, die 
wir damit vereinigen können, in die Wagschale zu werfen, und 
⁴⁶) Artikel 84 der Preuß. Verfassung lautet: „Sie (die Mitglieder beider 
Kammern) können für ihre Abstimmungen in der Kammer niemals, für ihre darin 
ausgesprochenen Meinungen nur innerhalb der Kammer auf Grund der Geschäfts= 
ordnung (Art. 78) zur Rechenschaft gezogen werden. 
Kein Mitglied einer Kammer kann ohne deren Genehmigung während der 
Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung 
gezogen oder verhaftet werden, außer wenn er bei Ausübung der Tat oder im 
Laufe des nächstfolgenden Tages nach derselben ergriffen wird. 
Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden notwendig 
Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Kammer und eine jede Unter= 
suchungs= oder Zivilhaft wird für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben, 
wenn die betr. Kammer es verlangt.“ 
 
	        
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