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hatte, wollte es später nur die Matrikularbeiträge erhalten wissen,
und verlangte föderative Garantieen statt der konstitutionellen.
Das war der viel berufene Antrag des Freiherrn v. Francken=
stein: „derjenige Ertrag der Zölle und der Tabakssteuer, welcher
eine gewisse Summe (130 Millionen) in einem Jahre übersteigt,
ist den einzelnen Bundesstaaten, nach Maßgabe der Bevölkerung,
zu überweisen.“ Bismarck verwarf den Bennigsenschen Antrag
und erklärte sich mit der Franckensteinschen Klausel einverstanden.
Es geschah dies am 9. Juli 1879 in einer Rede ⁵⁷), in welcher
der Kanzler seine Stimmung gegen die Nationalliberalen „kühl
bis ans Herz hinan“ nannte und die Verbindung mit ihnen,
für den Augenblick wenigstens, abbrach.
Fürst Bismarck führte zunächst aus, wie seine seit Jahren ver=
folgten Bestrebungen auf Verbesserung der deutschen Finanzen stets
vergeblich gewesen seien, weil ihm von liberaler Seite niemals die
Hand dazu geboten worden sei. Von der Fortschrittspartei und den
ihr verwandten Elementen sei noch niemals ein positiver Vor=
schlag ausgegangen, sondern stets nur die Verneinung dessen,
was die Regierung gewollt habe. Nach einem Rückblick auf
seine Beziehungen zur liberalen Partei, welche in den letzten
Jahren immer weniger zur Unterstützung der Regierung bereit
gewesen sei, erklärte der Kanzler, daß er es für einen Verrat
an der im Interesse des Vaterlandes unternommenen
Sache angesehen hätte, unter solchen Umständen nicht den
ihm von anderer Seite gemachten Vorschlag (den Franckenstein=
schen Antrag) näher zu prüfen, — dieser Vorschlag aber gewähre
ihm die Abstellung der Übelstände, die er an den Matrikularbei=
trägen gerügt habe. Das Reich werde danach eben nicht mehr
ein lästiger Kostgänger, ein mahnender Gläubiger bei den Einzel=
staaten, sondern in Wahrheit ihr freigebiger Versorger sein, —
die Finanznot des Reiches und der Einzelstaaten schwinde da=
mit, und die Reformen an direkten Steuern könnten, wenn auch
noch nicht in vollem Maße durchgeführt, doch in Angriff ge=
⁵⁷) efr. „Provinzial=Correspondenz“ vom 16. Juli 1879.