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Privatmann wohnt, und das Reich steht in voller Berechtigung
seiner Finanznot da, wenn es sich der Pflicht unterzieht, durch
Flüssigmachung der Quellen, die unter seinem Verschluß liegen,
der Finanznot der einzelnen Staaten aufzuhelfen. Das System
der bisherigen Matrikularbeiträge hatte das Ergebnis, daß das
Reich die Einzelstaaten durch Versagung der Zuschüsse, die aus
den indirekten Steuerquellen kommen könnten, aushungerte und
dabei doch in jedem Jahre als mahnender Gläubiger die Matri=
kularumlagen verlangte. Durch die heute in Aussicht ge=
nommene Reichshilfe aber schwindet die Finanznot der
Staaten und des Reiches, die ja die einleitende Be=
gründung meines ganzen Vorgehens in dieser Frage
gebildet hat; die Finanznot wird zum Teil gehoben, und wenn
auch nicht in dem Maße, daß alle die Reformen an den direkten
Steuern, die Erleichterung der notleidenden Gemeinden sofort
ausgeführt werden können, die mir vorschweben, so doch so, daß,
wie ich glaube und hoffe, ein erheblicher Teil dieses Reformwerks
schon bald in Angriff genommen werden kanm.
Wie nun dadurch die Finanzkraft des Reiches geschädigt
werden sollte, dafür suche ich vergeblich nach irgend einem Ver=
fassungsparagraphen.
Von seiten der Regierungen kann ich ganz bestimmt ver=
sichern, daß sie sich durch die meines Erachtens unzutreffenden
Angriffe von dem Wege, den sie betreten haben und über den
sie sich am vergangenen Sonntag vorläufig verständigt haben,
nicht werden irre machen lassen, und ich für meinen Teil werde
den Weg, den ich im Interesse des Vaterlandes für den rechten
erkenne, unbedingt bis ans Ende gehen, unbeirrt; — mag ich
Haß oder Liebe dafür ernten, das ist mir gleichgiltig.“ —
Die nationalliberale Presse sagte:
„Was stets als hauptsächlichstes Ziel der Reichssteuerreform
hingestellt worden ist, wurde damit in sein gerades Gegenteil
verwandelt. Die Matrikularbeiträge, die bisher nur als ein
Provisorium und als Notbehelf dastanden, wurden zu einer
dauernden, normalen, gesetzlichen Einrichtung gemacht. Wenige