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Wochen vorher noch hatte der Reichskanzler bemerkt: „Das
erste Motiv, welches mich nötigt, für die Reform einzu=
treten, ist das Bedürfnis der finanziellen Selbständigkeit
des Reiches. Es ist für das Reich unerwünscht, ein lästiger
Kostgänger bei den Einzelstaaten zu sein, ein mahnender
Gläubiger, während es der freigebige Versorger der Einzel=
staaten sein könnte. Die Konsolidation des Reiches, der wir
ja alle zustreben, wird gefördert, wenn die Matrikularbeiträge
durch Reichssteuern ersetzt werden.“ Und nun sollte der Zustand,
dessen Abschaffung das nächste Ziel der Steuerreform gewesen,
verewigt werden. Das wäre unstreitig eine Verkümmerung und
Einschränkung der Reichsgewalt auf finanzpolitischem Gebiet, eine
Verschiebung der Verhältnisse zwischen Reich und Einzelstaaten,
wie sie den Absichten der Schöpfer der Reichsverfassung ganz
fern gelegen, ein Widerspruch gegen die klare und unzweifelhafte
Verfassungsbestimmung, daß der Ertrag der Zölle in die Reichs=
kasse fließt, und zugleich eine Schmälerung des Einflusses des
Reichstages auf die zweckentsprechende Verwendung der großen
neuen Bewilligungen.“
Historisch sei hier bemerkt, daß der Zolltarif nebst dem
Tarifgesetz am 10. Juli 1879 mit 217 gegen 117 Stimmen an=
genommen wurde.
Nachdem hiermit die Aufgabe der Session erfüllt war, ver=
las der Reichskanzler Fürst Bismarck eine Allerhöchste Botschaft,
durch welche er beauftragt worden, den Reichstag im Namen der
verbündeten Regierungen zu schließen, und fügte hinzu:
„Erlauben Sie mir, daß ich am Schlusse der Be=
ratungen dem Dank der verbündeten Regierungen da=
für Ausdruck gebe, daß Sie einem großen und wesent=
lichen Teil der von uns gebrachten Vorlagen Ihre Ge=
nehmigung erteilt und zur Herbeiführung der Ge=
nehmigung die Diskussion bis hierher durchgeführt
haben. Erlauben Sie mir, daran die Hoffnung zu
knüpfen, daß die Meinungsverschiedenheiten, welche
in dieser Diskussion zu Tage getreten sind, keine