Full text: Bismarcks Staatsrecht.

221 
  
die ich vorher als zu vermeiden charakterisierte. Es gibt im 
preußischen Abgeordnetenhause mehrere Mitglieder, die es zu 
ihrem Lebensberufe gewählt haben, ihrem Vaterlande in dieser 
Richtung vorzugsweise zu dienen und ihre anderen Geschäfte 
mehr in den Hintergrund treten zu lassen. Es gibt wenigstens 
einen Kern von Abgeordneten, die nach der Tätigkeit, die sie 
ihrem Mandate als Abgeordnete widmen, nach den Vorstudien, 
die sie zu den Sitzungen machen, nach den gründlichen Prü= 
fungen der Sachen, die sie vertreten, gar nicht imstande sind, 
daneben etwas erhebliches andere zu tun, auch bei der größten 
Arbeitskraft. Nun achte ich diese Hingebung für die parlamen= 
tarische Tätigkeit sehr hoch und würde es sehr bedauern, wenn 
dieses Element uns fehlte; daß es aber in den parlamentarischen 
Versammlungen vorherrschend sei, das halte ich nicht für er= 
wünscht; daß der — wenn ich mir den Ausdruck erlauben darf 
— aus der Volksvertretung einen Lebensberuf machende Abge= 
ordnete vorherrscht, das halte ich nicht für gut. Dann haben 
Sie keine wirkliche Volksvertretung mehr, dann haben Sie eine 
Art von berufsmäßiger bureaukratischer Volksvertretung, eine 
andere Art von Beamten, die für die Arbeiten der Gesetzgebung zwar 
sehr nützlich sind, aber doch nicht immer im Sinne des Volkes und 
seiner augenblicklichen Stimmung, nicht immer in lebendiger Ver= 
tretung aller Berufsklassen wirken, weil diese Berufsklassen nicht 
immer die Zeit haben, sich ihrem Beruf so lange zu entziehen, 
wie lang gedehnte Parlamentssitzungen es unentbehrlich machen.“ 
Ein Artikel der „Nordd. Allgem. Ztg.“ vom Jahre 1886 
wird hier am Platze sein, da er unzweifelhaft Bismarkscher Pro= 
venienz ist: „Der Reichstag hat am vergangenen Sonnabend eine 
vierstündige Sitzung darauf verwendet, über einen Antrag zu 
verhandeln, bezüglich dessen von allen Seiten, sogar von dem 
den behinderten eigentlichen Antragsteller vertretenden Abg. Windt= 
horst anerkannt wurde, daß derselbe, sowie er zur Verhandlung 
gestellt worden, unmöglich Gesetz werden könne.⁶⁶) Wenn trotz 
⁶⁶) efr. „Nordd. Allg. Ztg.“ v. 20. Februar 1886.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.