Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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gebern doch wohl zugestehen müssen, Leute zu entlassen, die an 
ihrer Meinung nach schädlichen Agitationen sich beteiligen. Herr 
Träger und andere meinten freilich, das häufige Vorkommen 
solcher Fälle, wie sie unter Strafe gestellt werden sollten, sei 
notorisch; sie hätten es in den Zeitungen gelesen, und auch die 
Akten der Wahlprüfungskommission müßten es ergeben. Aller= 
dings tauchen nach jeder Wahl solche Meldungen auf, gewöhnlich 
in den Organen derjenigen, die mit dem „Wahlgeschäft“ weniger 
zufrieden zu sein Ursache haben; dann wird gewohnheitsmäßig 
auf die Schlechtigkeit der Gegner exemplifiziert. Aber ebenso ge= 
wohnheitsmäßig finden derartige Meldungen sehr bald Berichti= 
gung und Widerspruch, und in den Berichten der Wahlprüfungs= 
kommissionen — die sonstigen Akten derselben sind ja nicht zu= 
gänglich — findet sich als Residuum der Wahlaufregung und 
der noch unter derselben erfolgten Proteste äußerst wenig von 
diesen Dingen tatsächlich erwiesen. 
Das behauptete Bedürfnis einer solchen Strafbestimmung 
dürfte also von den sie prinzipiell Fordernden nicht nachgewiesen 
erscheinen. Es ist aber gewiß kein Zufall, daß ein prinzipieller 
Gegner des Antrages gerade der „deutschfreisinnigen“ Partei eine 
Reihe von Vorkommnissen unter die Nase halten konnte, bei 
welchen von ihren Parteigenossen, z. B. „Hausbesitzer und Ar= 
beitgeber“, direkt aufgefordert wurden, ihre „Beziehungen voll= 
ständig auszunutzen.“ Wenn hiergegen geltend gemacht wurde, 
derartige Fälle seien von Parteiwegen stets reprobiert, so darf 
man doch nicht vergessen, daß solches „nachher“ geschah, nachdem 
die Sache gewirkt und der Wahlakt vorbei war. 
Damit gelangt man zu der Frage, woher, wenn solche Miß= 
bräuche in einzelnen Fällen vorkommen, dieselben ihren eigent= 
lichen Ursprung haben. Darauf wird man aber nicht anders 
antworten können als: aus der sorgfältigen Pflege, die von ge= 
wisser Seite dem Parteigeiste zuteil geworden ist. Weil eben 
der Parteigeist das Parteiinteresse der Frage nach dem Wohl und 
Wehe des Vaterlandes vorangestellt hat, werden die Wahlkämpfe 
von einer derartigen Erbitterung beherrscht, daß einzelne sich zu
	        
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