Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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kurrierende Reichstagssession nicht beeinträchtigt würden. Für 
diejenigen Bundesstaaten, welche schon jetzt, wie Bayern, König= 
reich Sachsen und Baden, eine zweijährige, oder, wie Hessen, 
eine dreijährige, oder, wie Sachsen=Koburg=Gotha, eine vierjährige 
Etatsperiode haben, oder in welchen, wie in Württemberg, der 
Etat mitunter für ein Jahr, mitunter für einen längeren Zeit= 
raum festgestellt wird, käme es dann nur darauf an, die er= 
forderlichen Einrichtungen dafür zu treffen, daß bei ihnen der 
Beginn der Etatsperiode nicht in das Jahr fällt, in welchem der 
Reichhaushalts=Etat festzustellen ist. 
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer Änderung der 
Artikel 13, 24, 69, 72 der Reichsverfassung in der Weise, wie 
sie der vorliegende Gesetzentwurf in Aussicht nimmt.“ 
Der Gesetzentwurf wurde nicht zur ersten Lesung auf die 
Tagesordnung gesetzt, in der folgenden Session 1881 aber aufs 
neue eingebracht und führte jetzt zu eingehender und erregter 
Verhandlung. 
Bismarck sprach sich damals privatim über die Erregung 
der Gemüter in folgender Weise aus. Er zitierte den Goethe= 
schen Vers: 
„Alle Menschen groß und klein 
Spinnen sich ein Gewebe fein, 
Wo sie mit ihrer Scheren Spitzen 
Gar zierlich in der Mitte sitzen. 
Wenn nun darein ein Besen fährt, 
Sagen sie, es sei unerhört, 
Man habe den größten Palast zerstört.“ 
Der Reichstag setzte eine Kommission ein, welche die Re= 
gierungsvorlage abzulehnen beantragte und dagegen vorschlug, 
den Art. 13 der Reichsverfassung⁷¹) dahin abzuändern, daß die 
Berufung des Reichstags alljährlich im Oktober stattzufinden 
habe. In zweiter Lesung wurde dieser Kommissionsantrag mit 
geringer Stimmenmehrheit (sämtliche Liberalen und ein Teil des 
⁷¹) efr. Anmerkung 68.
	        
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