Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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der Übertragung und Anwendung des allgemeinen Stimmrechtes 
auf die städtische Verwaltung, in der Ausdehnung der politischen, 
der Staatsrechte auf die kommunalen Angelegenheiten. Ur= 
sprünglich war die Ausübung der kommunalen Rechte in den 
amerikanischen Städten ebenso wie in den englischen und 
deutschen von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht, als 
da sind: dauernder Hausstand, Beitrag zu den städtischen Lasten, 
Teilnahme an der Geschworenenpflicht und den städtischen Ämtern 
und Diensten. Erst in den dreißiger und vierziger Jahren trat 
dafür das allgemeine Stimmrecht ein und mit diesem die 
Zurückdrängung des soliden Bürgerstandes aus der Verwaltung. 
Soll die städtische Verwaltung zu Sitte, Anstand und Recht 
zurückgeführt werden, so gibt es nach Kapps Ansicht dafür nur 
ein Mittel, nämlich Abschaffung des allgemeinen Stimmrechts 
in Kommunalangelegenheiten. Wir sind trotz Fortschritt bei 
unserer Verwaltungsreform um diese Klippe glücklich herum ge= 
kommen, und werden davor, mögen die jetzigen Wahlen noch 
so radikal ausfallen, auch bei der weiteren Ausdehnung der 
Reform bewahrt bleiben. Wir haben umgekehrt vielleicht in 
unserem Kreis= und Provinzial=Wahlsystem die Norm, die auf 
die Wahlen im Staate übertragen werden könnte. Die alte 
Ständeverfassung, auf deren Grundlage der vereinigte allgemeine 
Landtag von 1848 ausgebaut war, ist in ihrem bisherigen Bestande 
verschwunden und kann nach Einführung der neuen Kreis= und 
Provinzialordnung nicht wieder ins Leben gerufen werden. 
Eine auf Berufsständen beruhende Ständeverfassung würde 
bei der Mannigfaltigkeit der vielgestalteten Berufszweige mit 
festen erkennbaren Grenzen schwer zu finden sein. Es würde 
sich vielmehr bei dem Entwurfe eines neuen Wahlgesetzes der 
Anschluß an die vorhandenen kommunalen Gruppen und Ver= 
bände empfehlen. Die Wahlen zum Kreistage gehen aus den 
in ihren Interessen sich unterscheidenden Gruppen von Stadt 
und Land, und auf dem Lande von selbständigen Gütern und 
Gemeinden hervor; aus den Kreistagen gehen wiederum die 
Provinziallandtags=Abgeordneten hervor.
	        
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