Full text: Bismarcks Staatsrecht.

243 
Ob und wie darauf weiter für das Abgeordnetenhaus und 
für den Reichstag zu bauen ist, soll uns hier und heute nicht 
beschäftigen. Wir wollten nur auf die Wichtigkeit unserer Ver= 
waltungsreform für die Entscheidung der während der Wahl= 
agitation zur Erörterung gelangten Wahlordnungsfrage für 
die Monarchie hinweisen. Landgemeinde= und Städteordnung 
stehen noch in Aussicht. Jedes radikale Verallgemeinern des 
Stimmrechtes entscheidet auch für Staat und Reich. Ins= 
besondere aber ist die Erhaltung der natürlichen ständischen 
Gruppen ein konservatives Interesse auch unter dem Gesichts= 
punkte der künftigen Lösung der Wahlfrage für Staat und 
Reich.“ 
Im Jahre 1892 gab die Steuerreform Anlaß zur Erörterung 
des Wahlsystems. Die freisinnige Partei des preußischen Ab= 
geordnetenhauses stellte den Antrag, die Staatsregierung um 
Auskunft darüber zu ersuchen, ob sie beabsichtige in der 
nächsten Session Gesetzentwürfe vorzulegen 1. über Abänderung 
des Wahlrechts mit Rücksicht auf die neuen Steuergesetze, 
2. über eine Neueinteilung der Wahlkreise in Anbetracht der 
seit 1860 veränderten Bevölkerungsverhältnisse. 
Wenige Tage nach Veröffentlichung dieses Antrages erschien 
ein offiziöser Artikel, worin ausgeführt wurde, die Änderung 
des Wahlrechts aus Anlaß der Steuerreform sei während der 
Verhandlungen über das Einkommensteuergesetz Gegenstand der 
Erörterung von seiten der Regierung gewesen, aber die Ansicht 
habe überwogen, daß erst mit dem Abschluß der Steuerreform 
die Unterlage für die durch dieselbe bedingte Änderung des Wahl= 
systems gegeben sein würde. Die offiziöse Mitteilung fügte 
hinzu, an der Grundlage des jetzigen Wahlrechts, dem auf der 
Besteuerung basierten Dreiklassensystem mit indirekter und öffent= 
licher Wahl, solle festgehalten werden; es gelte nur, „die Aus= 
wüchse des Systems nach der plutokratischen Seite hin“, nämlich 
die „Folgen einer Steuerreform, deren Zweck die stärkere Heran= 
ziehung der stärkeren und Entlastung der schwächeren Schultern 
sein solle, zu beseitigen.“ 
 16*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.