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gekommen, von der ich hoffe, daß sie Ihnen nicht ohne Interesse
war, und die dazu beitragen möge, daß, wenn Sie nach Hause
kommen, Sie dafür wirken werden, daß die Beteiligung an der
Reichspolitik auch in der Diaspora der Landtage lebhafter
werden wird.
Es ist ein Irrtum, wenn Staatsrechtlehrer behaupten, die
Landtage seien dazu nicht berechtigt. Sie sind immer befugt,
das Auftreten ihrer Minister in bezug auf die Reichspolitik vor ihr
Forum zu ziehen und ihre Wünsche den Ministern kund zu tun.
Ich halte es für eine ungeschickte Tendenz, einen Mangel
an Verständnis des deutsch=nationalen Lebens, wenn viele un=
serer Staatsrechtslehrer — Theoretiker, keine Praktiker, — es für
einen Gewinn erklären, wenn die Zahl der Kleinstaaten sich ver=
ringere, und ich bin bemüht, diesem zu widersprechen, wo ich
kann. Gerade die Zahl der Stimmen im Bundesrate sollte nicht
verringert werden. Würde sie das, so kämen wir wieder in die
Gefahr, welche ich von Anfang an zu bekämpfen gehabt habe,
nämlich die, an Stelle des deutsch=nationalen Reiches ein Groß=
preußen zu bekommen. Es gibt viele, die gern deutsche Reichs=
angehörige sein wollen, aber nicht Preußen, und ich habe immer
gefürchtet, daß sich das Reich nach der großpreußischen Seite hin
entwickeln würde.
Die Bundesstaaten, die nur je eine Stimme im Bundes=
rate führen, sind 17, und wenn ich die Hansestädte, die im Ver=
gleich zu den anderen eigenartig sind, abziehe, so sind es 14.
Und 14 Stimmen im Bundesrate sind eine gewichtige Stimmen=
zahl, wenn sie sich zusammenhalten. 14 Stimmen zu den
preußischen geben Preußen immer die Majorität; die übrigen
nach Abzug der preußischen betragen 24. Der Bundesrat ist
also gewissermaßen in drei Kategorien geteilt, erstens in die
kleinen Staaten mit je 1 Stimme, Preußen mit 17 Stimmen
und die Mittelstaaten mit 24 Stimmen. Welches Gewicht liegt
also in den kleinen Staaten, und ich wundere mich, daß sich in
ihnen allen kein Politiker fand, der sich dasselbe zu Nutzen ge=
macht hätte.