263
Hierzu bemerkten die „Hamburger Nachrichten“ in einem Artikel
unverkennbarer Herkunft:
„Die Kammer hat in längerer Beratung diesen Standpunkt
der Regierung als berechtigt anerkannt. Auch wir müssen sagen,
daß so erfreulich das von der badischen Landesvertretung be=
wiesene Interesse für die Reichsangelegenheiten ist, es doch zu
viel verlangt wäre, wenn man von einer Einzelregierung fordern
wollte, daß sie die Instruktionen von ihren Bundesratsbevoll=
mächtigten zur Kenntnis der Volksvertretung bringen sollte. Da=
gegen halten wir den Anspruch der Einzellandtage, über Reichs=
angelegenheiten zu verhandeln, und dadurch auf die Instruktion
der Vertreter ihrer Staaten im Bundesrat Einfluß zu nehmen,
mit dem bestehenden deutschen Staatsrecht für übereinstimmend.
Unserer Ansicht nach ist, wie wir schon früher nachgewiesen haben
und hier nur wiederholen können, im Interesse der verfassungs=
mäßigen Entwickelung des Deutschen Reiches eine lebhaftere Be=
teiligung der Einzellandtage an dem Verhalten und der Ab=
stimmung ihrer Regierungen im Bundesrat ein Bedürfnis. Die
Gründe, welche dagegen angeführt werden, bewegen sich auf dem
Gebiete von allgemein gehaltenen Bedenken über ein mögliches
Gegeneinanderwirken der verschiedenen Einzellandtage in Reichs=
angelegenheiten und über angebliche Eingriffe in die Tätigkeit
des Reichstages. Um letzteren handelt es sich in dieser Frage
überhaupt nicht, sondern nur um Einwirkung der Landtage auf
das Verhalten ihrer Regierung im Bundesrate. Daß die Land=
tage hierzu berechtigt sind, wird von niemandem ernstlich be=
stritten, und man sollte den Regungen aktiver Beteiligung der
Landtage an der bundesrätlichen Reichspolitik um so weniger
Hindernisse in den Weg legen, als die parlamentarische Ein=
wirkung auf die bundesrätlichen Beschlüsse schon durch die Geheim=
haltung der Abstimmungen im Bundesrate wesentlich erschwert
ist. Sie würde wirksamer sein, wenn die Verhandlungen im
Bundesrate wenigstens insoweit öffentlich wären, daß die Ab=
stimmungen und Anträge jeder einzelnen Regierung namentlich
rechtzeitig bekannt gegeben würden, und wenn die Regierungen