Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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ebnete und die 1848 den Barrikaden gegenüber haltlos zu= 
sammenbrach — kein Oberpräsident war damals da, der nicht 
abwartete, was aus der Revolution in Berlin würde“ — führte 
der Fürst aus: 
„Das bureaukratische Zimmerwerk ist so konstruiert, daß es 
ein Holzbau ist, kein Granitbau. Darauf können wir nicht sicher 
bauen. Die Volksvertretung ist dazu da, die Bureaukratie zu 
korrigieren, zu zensurieren, ihr zu Hilfe zu kommen und sie vor 
Übergriffen zu bewahren. Dazu ist erforderlich, daß die Gesetz= 
gebung das System der Geheimhaltung aufgibt. Wenn niemand 
weiß, was die Regierung beabsichtigt, und sie die Durchführung 
ihrer Absichten nicht vorbereitet, so kann keine Landesvertretung 
und kein Abgeordneter rechtzeitig ein Urteil gewinnen. Ich halte 
für richtig und habe als Minister danach gehandelt, daß die 
neuen Vorlagen ohne Rücksicht darauf, ob sie populär waren oder 
nicht, in der offiziösen und amtlichen Presse zunächst bekannt ge= 
geben wurden; von Überraschung und Zwangslage war denn 
auch keine Rede. Wenn dann vom Reichstag die Vorlagen ab= 
gelehnt wurden, so haben wir diese Ausübung seiner Berechtigung 
oft zwar mit bitterem Herzen, aber doch angenommen und uns 
auf eine andere Vorlage besonnen, durch welche wir unsern 
Zwecken näher zu kommen glaubten. Das, glaube ich, ist auch 
für die Zukunft der richtige Weg; dazu ist aber notwendig, daß 
die Beteiligung an den Regierungsgeschäften und an dem Schick= 
sale der großen gesamten Nation nicht nur eine innere, ge= 
mütliche, sondern auch äußerlich erkennbarere wird, als es heute 
der Fall ist. 
In diesem Sinne habe ich auch unseren Landsleuten aus 
dem Fürstentum Lippe, welche neulich hier waren, empfohlen, 
doch auch in ihrem kleinen Kreise mehr sich mit der Reichs= 
politik zu beschäftigen; diese gehört doch zu den Landesinteressen. 
Die deutsche Frage müßte in kleinen und großen Reichsländern 
stets die oberste Frage sein, über welche die Minister wegen ihrer 
Haltung im Bundesrate interpelliert werden sollten. Für manchen 
Minister mag es ja sehr bequem sein, wenn die Verhandlungen
	        
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