Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Parteiwesens in die inneren Angelegenheiten der Armee ver= 
fassungsmäßig gesetzt ist. Außerhalb dieser Schranke aber liegt 
die Mehrzahl der Materien, welche man bereits bei Gelegenheit 
der Etatsberatung vom Januar d. J.⁹) unter die Mehrheits= 
herrschaft zu ziehen unternommen hatte. Überblickt man den 
Gang der damals gepflogenen Verhandlungen und den Sinn 
der Auseinandersetzungen, durch welche der Bestand der Garde 
und der Kürassier=Regimenter, die Beförderungs= und Diszipli= 
narverhältnisse der Armee und schließlich auch die auf die Schieß= 
übungen der einzelnen Truppenteile bezüglichen Anordnungen 
bemängelt wurden, und bringt man diese Erörterungen mit den 
Anträgen vom 5. April d. J.¹⁰) in Zusammenhang, so bleiben 
Zweifel daran nicht mehr übrig, daß es sich bei dem Vorgehen der 
fortschrittlichen Opposition um mehr als eine Kritik der Militär= 
verwaltung, — daß es sich um einen förmlichen und systematischen 
Versuch handelte, die Kaiserliche Kommandogewalt einzuschränken. 
Die große Zahl öffentlicher Proteste, welche das auf diesen 
Punkt gerichtete Vorhaben der Opposition hervorgerufen hat, be= 
zeugt deutlich, wie die ungeheure Mehrheit der Nation über das 
Unternehmen denkt, die Grundlagen unserer ihrem innersten 
Wesen nach monarchischen Militärinstitutionen zu verrücken. Das 
deutsche Volk weiß, was gewisse Politiker nicht zu wissen, oder 
nicht wissen zu wollen scheinen: daß nach den Erfahrungen aller 
Länder und Zeiten die auf einen Willen gegründete Kommando= 
gewalt für den Bestand geordneter Kriegseinrichtungen unent= 
behrlich ist, — daß diese Gewalt überall da als eine uneinge= 
schränkte anzusehen ist, wo ihre Begrenzung nicht ausdrücklich 
ausgesprochen worden ist, und daß die deutsche Reichsverfassung 
dieselbe ausschließlich in die Hände des Kaisers gelegt hat. 
Durch die am 7. November 1867 erfolgte weitere Ausdehnung 
der preußischen Militärgesetzgebung ist für das geeinigte Reich 
der Standpunkt maßgebend geworden, welchen der verstorbene 
Kriegsminister von Roon vor mehr als zwanzig Jahren dahin 
  
  
⁹) und ¹⁰) 1883.
	        
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