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In anderen Staaten sind die Kontingente nur nach preußischem
Muster organisiert und in den Verband der preußischen Armee
aufgenommen; in wieder anderen Staaten, zu denen Mecklenburg
gehört, ist auch die Kontingentsgemeinschaft der besonderen
Truppen gewahrt. Im einzelnen weichen die Konventionen auch
für die gleiche Gruppe von Staaten so vielfach von einander ab,
daß das deutsche Militärrecht eine Musterkarte so viel verschie=
dener Rechte bietet, wie etwa das deutsche Privatrecht.
Erklärlich sind diese Zustände nur durch die geschichtliche
Entwicklung, und sie beruhen, wie Laband ausführt, weder auf
rationellen Gründen, noch auf allgemeinen Rechtsprinzipien, noch
auf technischen Erwägungen.
Von allen diesen unbequemen Eigentümlichkeiten der Heeres=
verfassung ist bei der Kriegsflotte keine Rede, obwohl die Marine
demselben hohen Zwecke wie die Landarmee dient. Die Marine
ist ausschließlich eine Reichsangelegenheit. Sie kennt keine Kon=
tingente und keine Kontingentsherren, keine Trennung der Be=
fugnisse. Der Gegensatz zwischen der bewaffneten Macht zu
Wasser und zu Lande ist durch den Umstand hervorgerufen, daß
bei der Gründung des Reiches jeder Staat ein Heer, keiner
außer Preußen aber eine Kriegsflotte besaß. Mag man nun die
Mängel der Heeresverfassung mit der Rücksicht auf die Ent=
stehungsgeschichte entschuldigen, so werden doch die Verwaltungen
der Einzelstaaten ihrerseits dem Bedürfnis der einheitlichen
Leitung und Organisation der Armee nicht minder Rechnung
zu tragen haben, als die preußische Verwaltung dem unbegrün=
deten Mißtrauen vor einer Aufsaugung der Staaten durch
das Reich. —
In den achtziger Jahren erhob sich ein Kampf um eine
einheitliche deutsche Postmarke. Im Sommer 1882 richtete
die Handelskammer zu Frankfurt a. M. an den Bundesrat
folgende Eingabe:
„Aus den Kreisen des reisenden Publikums sowohl wie des
Handels und Verkehrs sind bei uns zahlreiche Klagen und Be=
schwerden eingelaufen über die Verschiedenheit zwischen den Reichs=