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Staatshaushaltsetat nur im ganzen annehmen oder ablehnen,
— allen übrigen Finanzgesetzen gegenüber haben die beiden
Häuser, abgesehen davon, daß solche Gesetze dem Abgeordneten=
hause zuerst vorzulegen sind, im übrigen gleiche Berechtigung, so
daß auch das Herrenhaus dieselben im einzelnen prüfen und Ab=
änderungen beschließen kann, über welche alsdann eine weitere
Vereinbarung notwendig ist.
Im Jahre 1882 nahm sich Fürst Bismarck des Herren=
hauses in einer Angelegenheit an, in der es sich um die
Frage handelte, was ist ein Finanzgesetz? Es war damals dem
Herrenhause ¹⁰²) von der Staatsregierung der Entwurf eines Ge=
setzes, betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen der
unmittelbaren Staatsbeamten, und einige Zeit später der Ent=
wurf wegen Abänderung des für die Staatsbeamten bestehenden
Pensionsgesetzes vorgelegt worden.
Bei Beratung des erstgenannten Entwurfs wurde die Ansicht
vertreten, daß derselbe im Sinne des Artikels 62 der Verfassung
ein „Finanzgesetzentwurf“ sei und deshalb zuerst dem Ageordneten=
hause hätte vorgelegt werden müssen. Dieser Einwand wurde
in der Kommission des Herrenhauses nach allen Seiten hin ge=
prüft und schließlich als unbegründet erklärt, und ebenso stellte
sich das Herrenhaus auf den Standpunkt seiner Kommission und
entschied sich mit großer Mehrheit dahin, daß die in Rede stehen=
den Gesetze nicht als „Finanzgesetze“ zu betrachten seien und daß
demzufolge die Vorlegung derselben an das Herrenhaus zu Recht
erfolgte und letzteres berechtigt sei, die Entwürfe zu beraten, was
auch geschehen war.
Inzwischen war mit Rücksicht auf diesen Vorgang aus
liberalen Kreisen im Abgeordnetenhause ein Antrag eingebracht
worden, welcher gleichfalls die Ansicht vertrat, das die genannten
Entwürfe als Finanzgesetze zuerst dem Abgeordnetenhause hätten
vorgelegt werden müssen, und die Frage anregte, in welcher
Weise das Vorrecht des Abgeordnetenhauses zu schützen sei.
¹⁰²) efr. „Provinzial=Correspondenz“ vom 1. März 1882.