Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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früher gerühmt worden ist. Die vielfach nicht ohne Grund 
beklagte Unvollkommenheit der Gesetze selbst fällt daher wesent= 
lich der parlamentarischen Behandlung zur Last. Diese trägt 
die Schuld, wenn die wohldurchdachten und ausgearbeiteten 
Entwürfe, wie der Abg. Gneist dies kürzlich betreffs der Ver= 
waltungsreformgesetze aussprach, mit Hunderten von Beulen 
bedeckt aus den Beratungen hervorgehen, nicht aber die Regierung, 
die in der Mehrzahl der Fälle die von ihr selbst am meisten 
empfundenen Verschlechterungen hinnehmen muß, um nur die 
Entwicklung und den Fortgang der Gesetzgebung überhaupt nicht 
zum Stillstand zu bringen. 
Ebensowenig verdient der fernere Vorwurf eine ernsthafte 
Widerlegung, daß mit der Wiederherstellung des Staatsrats 
nichts anderes beabsichtigt sei, als den Einfluß sowohl der 
Volksvertretung wie auch den des Gesamtministeriums herab= 
zudrücken, oder, wie es in der jetzt üblichen Redewendung heißt, 
den Staatsrat gegen Parlament und Staatsministerium aus= 
zuspielen. Eine Wiederherstellung des Staatsrats ist nach der 
Lage der Verhältnisse nur innerhalb des Rahmens der be= 
stehenden staatsrechtlichen Organisation denkbar. Diese aber 
hat weder Raum für eine Körperschaft, welche die Rechte der 
Volksvertretung zu schmälern im stande wäre, noch läßt sie eine 
Behörde zu, welche die Minister einerseits von ihrer Verant= 
wortlichkeit entbinden könnte, andererseits aber den Ministerrat 
des Rechtes und der Pflicht der Beratung des Staats= 
oberhauptes zu entheben vermöchte. 
Weitgehende politische Gesichtspunkte, wie sie in durchaus 
willkürlicher Weise von gegnerischer Seite in den Vorschlag 
hineingetragen worden sind, liegen demselben daher ebenso fern, 
wie im Jahre 1854, als der Staatsrat in seine Funktionen 
zeitweise wieder eingesetzt wurde. Heute wie damals handelt 
es sich ausschließlich um Erwägungen administrativer Zweck= 
mäßigkeit. Wird hierbei auf ein Organ zurückgegriffen, das in 
dem staatlichen Leben Preußens und anderer Länder seiner Zeit 
eine bedeutende Rolle gespielt hat und an dessen Namen sich in=
	        
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