Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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rat von neuem einberufen ist, dafür, daß derselbe weder die 
Tätigkeit des Parlaments beeinträchtigen, noch, wie gleichfalls 
behauptet worden, von demselben in den Schatten gestellt 
werden wird. 
Der Zweck besteht in der vollkommeneren Vorbereitung der 
Gesetzesvorlagen, die bisher allein auf den Schultern des 
Staatsministeriums ruhte. Das Bedürfnis hierzu ist vor allem 
in den Kreisen selbst empfunden worden, in welchen die ge= 
samten Fäden des Staatsorganismus zusammenlaufen und 
welche zur Überwachung der Interessen desselben berufen sind. 
Es ist bei jeder Gesetzgebung von Wichtigkeit, sowohl die Folgen 
zu überblicken, welche eine Maßregel auf die Kreise des Volks= 
lebens üben wird, als auch die Rückwirkung, welche sie auf den 
Staats= und Regierungsorganismus haben kann und in vielen 
Fällen haben muß. Diese Voraussicht nach beiden Richtungen 
hin ist nicht leicht und kann nur durch das Zusammenwirken 
vieler, an Erfahrung reicher Männer gewonnen werden. In 
den parlamentarischen Körperschaften tritt ganz naturgemäß 
sogleich die Rücksicht auf die Volkskreise und ihre verschieden= 
artigen Interessen bei jedem Akt der Gesetzgebung in den 
Vordergrund. Die andere Rücksicht auf die Stetigkeit, Autorität 
und Funktionsfähigkeit des Regierungsorganismus ist aber 
ebenso wichtig. Denn von der Sicherheit desselben hängt das 
Wohl und die Festigkeit des nationalen Daseins ebenso sehr ab, 
als von der gesunden Regsamkeit und kräftigen Bewegung der 
socialen Lebenskreise. Eine bessere Beurteilung der einzelnen 
Gesetzgebungsprojekte in ihrer Wirkung nach dieser Richtung 
hin wird nur zu erzielen sein, wenn neben dem Staats= 
ministerium eine größere Zahl verschiedener in hohen Staats= 
ämtern tätiger und längere Zeit tätig gewesener Personen aus 
dem reichen Schatz ihrer Erfahrung ihr Gutachten über die Be= 
dürfnisse des Staats= und Regierungsorganismus abgeben. 
Wenn neben den Trägern der höheren Staatsämter auch 
andere ausgezeichnete Persönlichkeiten aus den verschiedensten 
Berufszweigen in dem Staatsrat Sitz und Stimme erhalten
	        
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