Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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nahme oder Ablehnung, und in der Regel entscheidet dieser, wie 
der Minister rät. Wie sollte es denn auch anders sein? Einen 
einzelnen Fall mag der Monarch im Auge behalten und ganz 
aus eigener Kenntnis entscheiden. Die große Masse dieser Sachen 
sind für ihn, dem wichtigere Regierungsgeschäfte obliegen, minima, 
um die er sich unmöglich kümmern kann. Also bleibt der eigent= 
lich Verantwortliche der Justizminister. Wenn dieser nun darauf 
aufmerksam gemacht wird, einen wie schlechten Eindruck es im 
ganzen Volke mache, wenn so häufig Polizeibeamte, die sich Aus= 
schreitungen gegen dasselbe Publikum zu schulden kommen lassen, 
zu dessen Schutze sie berufen sind, begnadigt würden, wie ver= 
kehrt es sei, auf diese Weise etwa die Autorität der Staats= 
gewalt stürzen zu wollen, so ist das vollkommen berechtigt und 
nicht im mindesten ein Eingriff in das Recht der Krone.“ 
Die „Kölnische Zeitung“ speziell hob hervor: 
„Mit Unrecht würde man in einer Besprechung eines Gnaden= 
aktes einen Versuch erblicken, eines der wichtigsten Vorrechte des 
Landesherrn seiner Wirkung nach einzuschränken oder an Voraus= 
setzungen zu knüpfen, die dem geltenden Rechte unbekannt sind; 
der Gnadenakt ist ein Regierungsakt. Dies muß erneut betont 
werden, da es im Laufe der letzten Jahre nicht an Bemühungen 
gefehlt hat, eine Kritik der Begnadigungen dadurch unmöglich zu 
machen, daß man denselben den Charakter von Regierungsakten 
abstreiten will, was weder dem geltenden Recht noch der ge= 
schichtlichen Entwicklung des Begnadigungsrechtes entspricht. In 
der Sache selbst behalten wir unser Urteil bis nach Kenntnis 
der Erwägungen vor, die den Justizminister hierbei leiten; nur 
soviel sei bemerkt, daß im Hinblick auf die nicht mehr vereinzelt 
vorkommenden Ausschreitungen von Vollstreckungsbeamten bei 
Ausübung ihrer dienstlichen Befugnisse eine nachdrückliche Be= 
strafung der Übergriffe derselben, namentlich aber solch schwerer 
Überschreitungen derselben, wie sie in der Anwendung von Zwangs= 
mitteln zur Herbeiführung eines Geständnisses zu erblicken sind, 
im Interesse des Rechtsschutzes der Bevölkerung unbedingt ge= 
boten erscheint und dieserhalb der Justizminister wohl Veran=
	        
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