Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Vollbesitz der Macht, der gesetzgebenden, wie jeder anderen, zu 
der Zeit, wo die Verfassung erlassen wurde. Die Herren, die 
mit mir, es werden wenige sein, in den Jahren 1849, 1850 
und 1851 an der Verfassung gearbeitet haben, und die noch 
parlamentarisch tätig sind, die mit mir 1851 die Verfassung be= 
schworen haben, wissen, wie fern uns damals die konstitutionelle 
Theorie der Majoritätsregierungen lag, und wie stark die Vor= 
behalte waren, die der hochselige König bei der Beeidigung 
machte über „die Möglichkeit“, mit dieser Verfassung zu regieren. 
Es waren, wie dieser Vertrag geschlossen wurde, die Ansprüche 
der parlamentarischen Einflüsse hinter dem heute vom Herrn 
Abg. Dr. Hänel uns skizzierten Ideal damals noch sehr weit 
zurück. 
Daß es so in Preußen ist, ist doch ein großes Glück. Be= 
denken Sie mal, wenn es anders wäre, dann wären wir ja gar 
nicht hier; ich hätte gar nicht den Vorzug, zu Ihnen hier in 
diesem Saale zu reden, wir hätten gar keinen Deutschen Reichs= 
tag. Nehmen Sie mal an, daß von 1860 ab Se. Majestät, 
unser konstitutioneller König, die Konstitution nach den Hänel= 
schen Grundsätzen ausgelegt hätte und bis zur Entlassung der 
Minister die ministerielle Politik, also beispielsweise die aus= 
wärtige Politik meiner beiden Vorgänger zur Ausführung ge= 
bracht, sich ihr gefügt hätte, und daß Se. Majestät die Minister 
so gewählt hätte, wie die Majorität der Kammer, des Landtags 
es damals angezeigt erscheinen ließ, daß also der König seine 
Politik der Majoritätspolitik untergeordnet, die Hänelsche Legende 
ins praktische Leben geführt hätte, dann hätten wir zunächst 
keine reorganisierte Armee gehabt, das ist doch klar: denn die 
Herren im Parlament verstanden die politischen Möglichkeiten 
in Europa so wenig, daß sie sich darüber nicht klar waren, daß, 
wenn man die deutsche Einheit wollte, das erste, was man dazu 
brauchte, eine starke preußische Armee war und die Unterschrift 
des Königs von Preußen. 
Statt dessen wurde dieser König von Preußen in seinem 
Versuch, diese Armee so stark zu bilden, daß er die deutsche
	        
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