Full text: Bismarcks Staatsrecht.

406 
Fürst Bismarck ließ darauf antworten: „Herr von Mühler 
bemerkt, die katholische Abteilung sei keine „Körperschaft“ oder 
„Behörde“ mit selbständigen Befugnissen gewesen, sondern ledig= 
lich eine „Ministerialabteilung“ und als solche in allen Sachen 
der Entscheidung und Verantwortung des Ministers unter= 
worfen. So hätte es sein sollen. Und so würde es gewesen 
sein, wenn das  Kultusministerium unter Herrn von Mühler den 
Charakter einer „Behörde“ aufrecht zu erhalten und sich die 
„Ministerialabteilung“ wirklich zu unterwerfen gewußt hätte. 
Wie es aber hätte sein sollen, so war es nicht. Die Abteilung 
verfolgte bestimmte Richtungen, und der Kultusminister ließ ge= 
schehen. Wer der Chef war, das unterliegt keinem Zweifel, 
aber ebensowenig die Tatsache, daß die „Abteilung herrschte“. 
Herr von Mühler erinnert: „Die Abteilung hat immer nur eine 
beratende und nach den Anordnungen des Ministers arbeitende 
Funktion gehabt.“ Auf dem Papier hat das seine Richtigkeit. 
Im Leben indessen war das gerade Gegenteil zutreffend. Aus= 
schlaggebend war für den Minister die Abteilung. Und der Minister 
war es, der nach den Anordnungen der Abteilung arbeitete. Er 
war, seiner Stellung nach, der Dirigent. Die Direktivnormen 
aber gingen von der Abteilung aus. Herr von Mühler erzählt 
von der Geneigtheit des damaligen Ministerpräsidenten, einen 
päpstlichen Nuntius in Berlin zuzulassen, wogegen „von der Ab= 
teilung aus gewarnt worden sei.“ Die Abteilung wollte eben 
nicht abdanken. Denn sie war die päpstliche Nuntiatur in Berlin. 
Herr Krätzig war der Nuntius und hatte obendrein den Kultus= 
minister in der Hand. Der Zulassung eines Nuntins in herge= 
brachten, diplomatischen Formen und mit den völkerrechtlichen 
Kautelen war unfraglich der Vorzug einzuräumen vor dieser als 
„Ministerialabteilung“ verkleideten und mit staatsamtlichen Be= 
fugnissen bekleideten Vertretung der Kurie innerhalb des preußi= 
schen Ministeriums, der die intime Kenntnis der nach außen 
geheim gehaltenen Geschäfte und der Kultusminister selbst für 
die Zwecke der vatikanischen Politik zur jederzeitigen Verfügung 
standen . . . .“ —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.