Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Ich bitte Sie, beschäftigen Sie sich mit Realitäten und nicht 
mit Gespenstern der Zukunft, und beweisen Sie uns auch heute 
das Vertrauen, welches Sie uns bisher gewährt haben.“ — 
Über die Stellung der katholischen Geistlichkeit in Deutsch= 
land sagte Fürst Bismarck in der Sitzung vom 10. Februar noch 
folgendes: 
„Ich habe darauf hingewiesen, daß katholische Geistliche und 
nicht bloß polnischen Ursprungs sich mit den nationalpolnischen 
Bestrebungen des polnischen Adels verbünden, um die Entwick= 
lung des Unterrichts der deutschen Sprache zu hemmen. Und 
sie haben darin Bundesgenossen gefunden, soweit die Stellen hinauf= 
reichten, die mit Geistlichen besetzt wurden, — bis in eine ziem= 
lich hohe Stelle, die ich hier als zu persönlich nicht bezeichne. 
Es ist das ein um so bedenklicherer und für die Regierung 
unerwünschterer Standpunkt, als sie sich der merkwürdigen Be= 
obachtung nicht verschließen kann, daß die Geistlichkeit, auch die 
römisch=katholische, in allen Ländern eine nationale ist; nur 
Deutschland macht eine Ausnahme. Wir haben gesehen, daß in 
Frankreich der Franzose stets höher steht in der eigenen Selbst= 
schätzung des Geistlichen, als der Geistliche. Wir haben ein sehr 
eklatantes Beispiel davon unter anderm erlebt während der 
Friedensverhandlungen, wo Se. Heiligkeit der Papst den fran= 
zösischen Bischöfen ausdrücklich und durch das Organ eines be= 
stimmten Bischofs, das ich bezeichnen kann, empfahl, für den 
Frieden tätig zu sein. Der Papst, so monarchisch auch die Kirche 
jetzt organisiert ist, fand aber hier kein Gehör; der französische 
Patriot überwog den französischen Geistlichen in den beteiligten 
Personen. Wir haben Ähnliches in Spanien und anderwärts. 
Nur in Deutschland ganz allein, da ist die eigentümliche 
Erscheinung, daß die Geistlichkeit einen mehr internationalen 
Charakter hat. Ihr liegt die katholische Kirche, auch wenn sie 
der Entwicklung Deutschlands sich auf der Basis fremder Natio= 
nalität entgegenstellt, näher am Herzen, als die Entwicklung des 
Deutschen Reiches, womit ich nicht sagen will, daß ihr diese Ent= 
wicklung fern läge; aber das andere steht ihr näher.
	        
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