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Dieser Absicht der Kaiserlichen Regierung konnte ein klarerer
und bestimmterer Ausdruck nicht gegeben werden, als durch die
Berufung eines hochangesehenen Würdenträgers der Kirche zum
Botschafter des Reichs beim päpstlichen Stuhle.
In der dem Kardinal zugedachten Stellung als Botschafter,
welche mit den höchsten diplomatischen Ehren und Würden aus=
gestattet ist, liegt schon an und für sich ein Anzeichen, daß das
Deutsche Reich durch seine Vertretung der päpstlichen Kurie be=
sondere Achtung und Rücksichtnahme zu erweisen gedachte. Um
so mehr durfte die Regierung des Kaisers hoffen, daß ein Prälat
in solcher Stellung wohl imstande sein würde, dem Papste aus
eigener sicherer Kenntnis der Personen und Zustände in Deutsch=
land Aufklärungen zu geben, welche ihn vor dem Einflusse irr=
tümlicher oder gefälschter Darstellungen zu bewahren und dadurch
den Boden für ein vertrauensvolles Einvernehmen zu sichern
vermöchten.
Die Berufung eines katholischen Prälaten zum Vertreter des
Reiches enthielt überdies eine unzweifelhafte Bürgschaft, daß die
Kaiserliche Regierung nicht damit umgehen kann, irgendwie un=
billige oder verletzende Zumutungen an den päpstlichen Stuhl zu
richten. So wenig wie die Regierung selbst, falls sie solche Ab=
sicht hätte, zu ihrem Vertrauten und Wortführer beim Papste
einen Würdenträger der katholischen Kirche ausersehen hätte, so
wenig würde ein der Kirche entschieden ergebener Prälat sich zur
Übernahme der ihm zugedachten Stellung haben bereit finden
lassen, wenn er nicht aus den mit ihm gepflogenen Vorverhand=
lungen die sichere Überzeugung gewonnen hätte, daß die zu über=
nehmende Aufgabe mit seinen Pflichten gegen die Kirche und den
Papst durchaus vereinbar sei, ja daß er der Kirche damit gerade
einen wesentlichen Dienst leisten könne.
Die Regierung des Deutschen Kaisers aber durfte ihrerseits
dem Kardinal Prinzen zu Hohenlohe ihr volles Vertrauen für
die wichtige Sendung schenken, weil derselbe ebenso wie die Treue
gegen die Kirche, von jeher auch ein treues warmes Herz für
Deutschland bewährt hat.