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von Staat und Kirche in der Sitzung des Herrenhauses am 10. März
1873 folgen:
„Der Herr Vorredner hat sich darüber beklagt, daß der
„Liberalismus“ — ich bediene mich der Kürze wegen seines
Ausdrucks — in den letzten Jahren Fortschritte gemacht
hat. Ja, ich habe Ihnen das im vorigen Jahre bei einer
ähnlichen Diskussion, in der wir uns hier befanden, vorher
Die Demeritenanstalten sind der staatlichen Aufsicht unterworfen.
Von jeder kirchlichen Disziplinarentscheidung, welche auf eine Geldstrafe
von mehr als 20 Talern, auf Verweisung in eine Demeritenanstalt für mehr
als 14 Tage, oder aus Entfernung aus dem Amte lautet, ist dem Ober=
präsidenten, gleichzeitig mit der Zustellung an den Betroffenen, Mitteilung
zu machen.
Der Oberpräsident ist befugt, die Befolgung der obigen Vorschriften und
der auf Grund derselben von ihm erlassenen Verfügungen durch Geldstrafen bis
zum Betrage von 1000 Talern zu erzwingen.
Eine Vollstreckung kirchlicher Disziplinarentscheidungen im Wege der
Staatsverwaltung findet nur dann statt, wenn dieselben von dem Oberpräsidenten.
nach erfolgter Prüfung der Sache für vollstreckbar erklärt worden sind.
Berufung an den Staat. Gegen Entscheidung der kirchlichen Behörden,
welche eine Disziplinarstrafe verhängen, steht die Berufung an die Staats=
behörde offen:
1. wenn die Entscheidung von einer durch die Staatsgesetze ausge=
schlossenen Behörde ergangen ist.
2. wenn die obigen Vorschriften nicht befolgt worden sind,
3. wenn die Strafe gesetzlich unzulässig ist,
4. wenn die Strafe verhängt ist, entweder wegen einer Handlung oder
Unterlassung, zu welcher die Staatsgesetze oder die von der Obrigkeit
innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Anordnungen verpflichten, oder
wegen Ausübung eines öffentlichen Wahl= und Stimmrechts, oder
wegen Gebrauchs der Berufung an die Staatsbehörde auf Grund
dieses Gesetzes.
Die Berufung findet außerdem statt, wenn die Entfernung aus dem kirch=
lichen Amte als Disziplinarstrafe oder sonst wider den Willen des davon Be=
troffenen ausgesprochen worden ist, und die Entscheidung der klaren tatsächlichen
Lage widerspricht oder die Gesetze des Staates oder allgemeine Rechtsgrundsätze
verletzt; oder wenn nach erfolgter vorläufiger Suspension vom Amt das weitere
Verfahren ungebührlich verzögert wird.
Liegt ein öffentliches Interesse vor, so steht die Berufung auch dem Ober=
präsidenten zu, jedoch erst dann, wenn die bei den kirchlichen Behörden ange=
brachten Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben sind oder die Frist zur Einlegung
derselben versäumt ist.