Full text: Bismarcks Staatsrecht.

432 
gesagt, daß dies wahrscheinlich der Fall sein werde; es ist auch 
möglich, daß er noch mehr Fortschritte macht. Worin liegt denn 
das? Doch wesentlich in der Desorganisation des Gegengewichts 
bei der konservativen Partei; es liegt wesentlich darin, daß die 
Regierung und namentlich ich, ihr früherer Vertreter, sich in der 
Voraussetzung, daß die konservative Partei mit Vertrauen auf 
sie blickt; getäuscht hat. Die Enttäuschung darüber, die bei der 
  
Die Berufung ist bei dem Königlichen Gerichtshof für kirchliche Ange= 
legenheit schriftlich  anzumelden. 
Die Entscheidung erfolgt auf Grund mündlicher Verhandlung in öffentlicher 
Sitzung. Die Öffentlichkeit kann durch Beschluß des Gerichtshofes ausgeschlossen 
oder auf bestimmte Personen beschränkt werden. 
Bei der Entscheidung hat der Gerichtshof nach seiner freien, aus dem ganzen 
Inbegriff der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu entscheiden. 
Wird die angefochtene Entscheidung vernichtet, so hat die kirchliche Be= 
hörde die Aufhebung der Vollstreckung zu veranlassen und die Wirkung der 
bereits getroffenen Maßregeln zu beseitigen. Der Oberpräsident ist befugt, die 
Befolgung der von ihm deshalb erlassenen Verfügungen durch Geldstrafen bis 
zum Betrage von 1000 Talern zu erzwingen. 
Einschreiten des Staats ohne Berufung. Kirchendiener, welche die auf 
ihr Amt oder ihre geistlichen Amtsverrichtungen bezüglichen Vorschriften der 
Staatsgesetze oder die in dieser Hinsicht von der Obrigkeit innerhalb der gesetz= 
lichen Zuständigkeit getroffenen Anordnungen so schwer verletzen, daß ihr Ver= 
bleiben im Amte mit der öffentlichen Ordnung unverträglich erscheint, können 
auf Antrag der Staatsbehörde durch gerichtliches Urteil aus ihrem Amte ent= 
lassen werden. 
Die Entlassung aus dem Amte hat die rechtliche Unfähigkeit zur Aus= 
übung des Amtes, den Verlust des Amtseinkommens und die Erledigung der 
Stelle zur Folge. 
Dem Antrage muß eine Aufforderung an die vorgesetzte kirchliche Behörde 
vorausgehen, gegen den Angeschuldigten die kirchliche Untersuchung auf Ent= 
lassung aus dem Amte einzuleiten. Steht der Angeschuldigte unter keiner kirch= 
lichen Behörde innerhalb des Deutschen Reiches, so ist derselbe zur Nieder= 
legung seines Amtes aufzufordern. 
Wird der Aufforderung nicht binnen gesetzter Frist Folge gegeben, oder 
führt die kirchliche Untersuchung nicht binnen gesetzter Frist zur Entlassung des 
Angeschuldigten aus dem Amt, so stellt der Oberpräsident bei dem Gerichtshof 
für kirchliche Angelegenheiten den Aufrag auf Einleitung des Verfahrens. 
In dem Urteil ist entweder die Freisprechung oder die Entlassung des An= 
geschuldigten aus den von ihm bekleideten kirchlichen Ämtern auszusprechen. 
Der Königliche Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten wird seinen Sitz 
in Berlin haben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.