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3. Einzelne Teile der Reichsverfassung können durch Ver=
ordnung des Kaisers mit Zustimmung des Bundesrates schon
vor dem 1. Januar 1874 eingeführt werden.
4. Von jetzt bis zum Eintritt der Wirksamkeit der Reichs=
verfassung wird das gesamte Gesetzgebungsrecht — auf den Ge=
bieten der Reichs= und der Landesgesetzgebung — vom Kaiser
mit Zustimmung des Bundesrates ausgeübt.
5. Vom Eintritt der Wirksamkeit der Reichverfassung an
steht dem Reiche für Elsaß und Lothringen das Recht der Ge=
setzgebung auch bezüglich der Angelegenheiten zu, welche in den
Bundesstaaten der Reichsgesetzgebung nicht unterliegen.
6. Alle anderen Rechte der Staatsgewalt außer dem der
Gesetzgebung übt der Kaiser aus.
Die wesentlichen Grundsätze der Vorlage wurden nicht
ernstlich angefochten und konnten nicht angefochten werden, weil
alle Parteien darin übereinstimmten, daß erst der Boden für
das endgültige Verhältnis Elsaß=Lothringens geebnet und während
der Zwischenzeit die Fürsorge für die Regelung der dortigen
Zustände ausschließlich in die feste Hand des Staatsmannes
gelegt werden müsse, der vermöge seiner Stellung, seiner Er-
fahrung und seiner patriotischen Hingebung vorzugsweise den
Beruf hatte, als Vermittler zwischen den besonderen Wünschen
der neuen Reichsgenossen und den Gesamtinteressen der Nation
zu wirken.
Bei der ersten Beratung, am 2. Mai 1871, hob Bismarck
die Mittel hervor, durch welche die deutsche Verwaltung die erste
Abneigung der Elsässer überwinden zu können hoffe.
Er sagte dabei: „Wir sind im stande, den Bewohnern einen
viel höheren Grad von kommunaler und persönlicher Freiheit zu
bewilligen, als die französischen Einrichtungen und Überlieferungen
es je vermochten. — — — Ich bin überzeugt, daß wir der Bevöl=
kerung des Elsaß auf dem Gebiete der Selbstverwaltung ohne
Schaden für das gesamte Reich einen erheblich freieren Spiel=
raum lassen können — von Hause aus, der allmählich so er=
weitert wird, daß er dem Ideal zustrebt, daß jeder einzelne,