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Deutschen Verfassung und in den Genuß der darauf begründeten
politischen Rechte eintreten. Der zu diesem Zweck dem Reichstage
1873 vorgelegte Gesetzentwurf enthielt im wesentlichen Folgendes:
Die Verfassung des Deutschen Reiches soll in Elsaß=Lothringen
vom 1. Januar 1874 in Wirksamkeit treten; — das Gebiet des
Reichslandes Elsaß=Lothringen tritt somit dem in der Verfassung
bezeichneten Bundesgebiet zu; — in Elsaß=Lothringen werden bis
auf weiteres fünfzehn Abgeordnete zum Deutschen Reichstage
gewählt; — das Wahlgesetz für den Deutschen Reichstag tritt
zu dem genannten Zeitpunkt in Kraft; — für Elsaß=Lothringer,
welche sich für die französische Nationaltät erklärt haben, aber
nicht ausgewandert sind, ruht die Berechtigung zum Wählen und
zur Wählbarkeit so lange, als sie jene Erklärung vor der zu=
ständigen Behörde nicht ausdrücklich zurückgenommen haben.
Auch nach Einführung der Verfassung und bis zu ander=
weiter gesetzlicher Regelung kann der Kaiser unter Zustimmiung
des Bundesrates, während der Reichstag nicht versammelt ist,
Verordnungen mit gesetzlicher Kraft erlassen. Dieselben dürfen
nichts bestimmen, was der Verfassung oder den in Elsaß=
Lothringen geltenden Reichsgesetzen zuwider ist, und sich nicht
auf solche Angelegenheiten beziehen, zu welchen die Zustimmung
des Reichstages erforderlich ist. Solche Verordnugen sind dem
Reichstage bei dessen nächstem Zusammentritt zur Genehmigung
vorzulegen. Sie treten außer Kraft, sobald die Genehmigung
versagt wird. —
Bei der ersten Beratung des Entwurfs im Reichstage er=
klärte der Direkror der Verwaltung Elsaß=Lothringens im Reichs=
kanzleramte, Geheimer Rat Herzog, die Reichsregierung habe sich
nicht verborgen, daß die Gewährung aller deutschen Staats=
bürgerrechte an die Elsässer in gewisser Weise ein Wagnis sei. ¹⁶⁵)
Es fehlte jeder Anhalt, in welchem Sinne dieselben von dem
Wahlrecht Gebrauch machen, welche Abgeordneten sie in den
Reichstag schicken würden.
¹⁶⁵) efr. „Provinzial=Correspondenz“ von 18. Juni 1873.