Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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begriffene und augenblicklich dem Gutachten des Oberpräsidenten 
unterliegende Vorlage zu machen, nach welcher Sie dann selbst 
entscheiden werden, was an die Stelle der jetzigen Einrichtung 
zu treten hat, und in welcher Weise der Reichstag seine Befug= 
nisse demnächst, sei es als elsasser Landtag gleichzeitig, sei es als 
Reichstag, ausüben will. Ich selbst sehe diesem Wechsel insoweit 
mit Hoffnung entgegen, als ich mir davon, daß unsere elsasser 
Landsleute hier mit uns tagen werden, und zwar von Anfang 
des nächsten Jahres, wie ich hoffe, eine wesentliche Verbesserung 
in den gegenseitigen Beziehungen, eine wesentliche Klärung 
manches Mißverständnisses über deutsche Verhältnisse verspreche 
und auch ein wesentliches Gegengewicht gegen die Einwirkung 
derjenigen Elemente und Parteien, welche nicht wünschen, daß 
diese Verhältnisse zur vollständigen Ruhe kommen. 
Die Aufgabe, die wir dort durch den Friedensschluß über= 
nommen haben, ist ja an und für sich eine außerordentlich 
schwierige, wir können uns ja nicht verhehlen, daß die Bedingung 
eines konstitutionellen Verfassungslebens, nämlich die freiwillige 
Mitwirkung in verfassungsmäßiger Tätigkeit des Volkes, soweit 
es dazu berufen ist, dort in diesem neuerworbenen Lande bisher 
nur in einem Maße vorhanden ist, das man unterschätzen oder 
überschätzen kann, aber jedenfalls nicht in der freudigen Hin= 
gebung für die Gesamtzwecke, wie wir sie beispielsweise bei dem 
Herrn Vorredner zweifellos voraussetzen. Wir haben ja dort 
notwendig mit manchen Sympathien für eine zweihundertjährige 
Vergangenheit zu kämpfen, die den Einwohnern manches Ruhm= 
reiche, manches Vorteilhafte gebracht hat, wir haben die wirklich 
französischen Sympathien im Lande mühsam zu überwinden, vor 
allen Dingen aber dafür zu sorgen, daß sie uns die materielle 
Sicherheit Deutschlands nicht schädigen. 
Denn nicht aus Besitzsucht nach Land und Leuten, 
auch nicht aus dem berechtigten Gefühl, altes Unrecht 
sühnen zu wollen, was uns vor 200 Jahren geschehen 
ist, sondern in der bitteren Notwendigkeit, uns auf 
weitere Angriffe eines kriegerischen Nachbarn gefaßt
	        
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