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machen zu müssen, haben wir die Forderung auf Land=
abtretung, auf Festungsabtretung so weit ausgedehnt,
wie es geschehen ist, damit wir ein Bollwerk haben, hinter
dem wir weitere Angriffe von der Art abhalten können, wie sie
seit 300 Jahren jede Generation in Deutschland erlebt hat. Ich
glaube, unter uns allen ist niemand, dessen Vorfahren nicht in
jeder Generation seit 300 Jahren in der Lage gewesen wären,
mit Frankreich zu fechten, wenn sie überhaupt Soldaten waren.
Also lediglich die Rücksicht auf unsere Sicherheit hat uns ge=
leitet, eine Rücksicht, die um so berechtigter ist, als Frankreich in
der Regel bei seinen Angriffen in Deutschland bei dessen früherer
Zerrissenheit Bundesgenossen gefunden hat und dadurch stärker
geworden ist und die Abwehr schwerer.“
Der Eintritt der Elsaß=Lothringer in den Reichstag auf
Grund der am 1. Januar 1874 eingeführten Reichsverfassung
brachte zunächst anscheinend einen Rückschlag gegen alle bis dahin
gehegten Hoffnungen auf eine günstige Entwicklung. Namentlich
die Hoffnung, daß die elsaß=lothringischen Abgeordneten selbst
ihre Kenntnis des Landes und seiner Bedürfnisse dazu verwerten
würden, dem Reichstage die Förderung der Landesinteressen zu
erleichtern, ging nicht in Erfüllung. Die meisten Abgeordneten
stellten sich lediglich auf den Boden starrer Verneinung und
beteiligten sich größtenteils gar nicht an den Arbeiten des
Reichstages oder wenigstens nicht an den sachlichen Kommissions=
beratungen.
Dieses unfruchtbare Verhalten der elsaß=lothringischen Reichs=
tagsabgeordneten wurde für den Reichskanzler ein Grund mehr,
die Verwirklichung seiner Hoffnungen auf dem Boden der kom=
munalen Selbstverwaltung weiter zu erstreben. ¹⁶⁶) Er war über=
zeugt, daß ein großer und ehrenwerter Teil der Bevölkerung mit
der bloßen Protestpolitik nicht einverstanden war: die praktisch
besonnene Haltung der Bezirkstage gab davon entschiedenes
Zeugnis. Hierauf gestützt, rief die Regierung den Landesausschuß
¹⁶⁶) efr. „Provinzial=Correspondenz“ vom 4. April 1877.
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