Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Andererseits würde aber auch die Führung der Reichsexekutive 
ganz unnötig erschwert, wenn sie in jedem einzelnen Falle die 
Präsidialanträge so einrichten müßte, daß ihnen die preußische 
Staatsregierung nicht nur zustimmen könnte, sondern sich auch 
für die ganze Entwickelung der Situation an dieselben binden 
müßte. Diese Auffassung ist unter dem Ministerium Bismarck 
stets vertreten worden. 
Was den vorliegenden Fall betrifft, so wird die dem 
preußischen Staatsministerium zugegangene Militärvorlage in 
einem Antrage des Kriegsministers bestehen, für den er sich des 
Einverständnisses des obersten Kriegsherrn versichert hat. Dabei 
ist es irrelevant, ob die vorgängigen Verhandlungen weniger 
durch den Reichskanzler als durch den Kriegsminister geführt 
worden sind. Nach den obigen Ausführungen aber ist es voll= 
kommen zutreffend, wenn offiziös behauptet wird, die vorläufige 
Zustimmung des obersten Kriegsherrn zu dem Entwurf des 
neuen Militärgesetzes präjudiziere in keiner Weise den Ent= 
schließungen des preußischen Staatsministeriums, bei denen es 
sich der Natur der Sache nach nicht sowohl um die militärisch= 
technischen Fragen, als um die wirtschaftlichen handele. Es ist 
nicht ausgeschlossen, daß der Kaiser auf Antrag des preußischen 
Staatsministeriums den ursprünglich von dem Kriegsminister 
vorgelegten Entwurf abändert oder die Vorlegung desselben an 
den Bundesrat vertagt. 
Es läßt sich also nicht behaupten, daß die Vorlage, weil sie 
Präsidialvorlage sei, eine Modifikation von seiten der Regierung 
nicht mehr zu erwarten habe. 
Die Frage, ob es unter den veränderten Verhältnissen nicht 
richtiger gewesen wäre, das preußische Staatsministerium vor 
Beschlußfassung über den Präsidialantrag zu hören, ist rein 
tatsächlicher Natur und gehört nicht in den Rahmen dieser 
Betrachtung.“
	        
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